Krankenhausträger haftet für Behandlungsfehler bei Geburt

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat im Streit um Behandlungs- und Pflegekosten nach Komplikationen bei einer Geburt einen Anspruch der Krankenkasse dem Grunde nach bejaht. Das Kind trug dauerhafte Schäden davon. Es sei ein Fehler gewesen, die Geburt nicht mit einer Saugglocke zu beschleunigen, stellte das Gericht in dem am Freitag veröffentlichten Urteil fest. Wegen der Höhe des Anspruchs muss vor dem Landgericht weiter verhandelt werden.

Führte Fehler bei Geburt zu Hirnschaden?

In dem entschiedenen Fall klagten die Krankenkasse und die Pflegekasse eines im Jahr 2010 geborenen Kindes gegen eine Stiftung als Trägerin desjenigen Krankenhauses, in welchem das Baby entbunden worden war. Zwischen den Parteien umstritten war die Frage, ob der Beklagten bei der Geburt ein Fehler unterlaufen war, der zu einem Hirnschaden geführt hatte. Nach der Darstellung der Klägerinnen waren infolge des Hirnschadens bereits Behandlungs- und Pflegekosten in Höhe von etwa 180.000 Euro angefallen. Die Höhe der zukünftig entstehenden Kosten war noch gar nicht absehbar. Das LG Osnabrück hatte die im Jahr 2017 erhobene Klage im Jahr 2019 abgewiesen, weil es sich anhand des eingeholten Gutachtens nicht davon überzeugen hatte können, dass es zu einem Behandlungsfehler gekommen war.

Zwei weitere Gutachten eingeholt

Das OLG hat durch Einholung von zwei weiteren Gutachten jetzt weiteren Beweis erhoben. Es hat – gestützt auf das Gutachten eines Geburtsmediziners – festgestellt, dass es ein Fehler gewesen ist, die Geburt des Kindes nicht mittels einer sogenannten Vakuumextraktion ("Saugglocke") zu beschleunigen. Auf diese Weise hätte das Kind 21 Minuten früher entbunden werden können. Das OLG hat dann weiter – gestützt auf das Gutachten eines Kinderneurologen – festgestellt, dass dieser Fehler den Hirnschaden des Kindes zumindest mitverursacht hat.

LG muss Anspruchshöhe klären

Vorbei ist der Rechtsstreit damit allerdings immer noch nicht. Das OLG hat zwar festgestellt, dass es zu einem Behandlungsfehler gekommen ist, dieser Behandlungsfehler zu einem Hirnschaden geführt hat und den Klägerinnen deshalb ein Anspruch auf Ersatz der bereits entstandenen und der zukünftig noch entstehenden Behandlungs- und Pflegekosten zusteht. Über die genaue Höhe des Schadenersatzanspruchs muss jetzt allerdings wieder das LG entscheiden. Es bedarf einer weiteren – umfangreichen – Beweisaufnahme.

OLG Oldenburg, Urteil vom 22.12.2021 - 5 U 130/19

Redaktion beck-aktuell, 18. März 2022.