OLG Oldenburg: Klinik muss 800.000 Euro Schmerzensgeld an Kind zahlen

Für einen groben Behandlungsfehler muss ein Krankenhaus in Emden einem Kind 800.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden. Der damals fünf Jahre alte Junge war 2011 mit Fieber und Schüttelfrost in ein Krankenhaus gekommen. Als seine Mutter in der Nacht dunkle Flecken am Körper ihres Sohnes bemerkte, rief sie einen Pfleger. Dieser verständigte aber keinen Arzt (Az.: 5 U 196/18, BeckRS 2020, 5200).

Blutvergiftung machte Amputation beider Unterschenkel erforderlich

Erst am nächsten Morgen stellte ein Arzt fest, dass die Flecken an Körper und Gesicht abgestorbenes Gewebe waren. Das Kind hatte eine lebensbedrohliche Blutvergiftung, die von Meningokokken ausgelöst worden war. Dem Jungen mussten beide Unterschenkel amputiert werden, zahlreiche weitere Operationen waren und sind auch in Zukunft nötig.

Zugesprochenes Schmerzensgeld für deutsche Verhältnisse sehr hoch

Der Behandlungsfehler war 2013 gerichtlich festgestellt und 2015 bestätigt worden. Nun musste noch die Höhe des Schmerzensgeldes festgelegt werden. "Es ist möglicherweise das Urteil mit dem höchsten Schmerzensgeldbetrag, der je in Deutschland zugesprochen wurde", sagte Burkhard Remmers, der Anwalt des Jungen, zu dem inzwischen rechtskräftigen Urteil. "Niemand kann dem Kläger und seiner Familie das Leid abnehmen", sagte der Fachanwalt für Medizinrecht. "Der Kläger erhält jetzt aber eine wirklich angemessene Entschädigung."

Über 20 Operationen und über drei Jahre in Ganzkörperkompressionsanzug eingezwängt

Nach Angaben des Gerichts ist das Kind bereits mehr als 20 Mal operiert worden. Dreieinhalb Jahre musste der Junge wegen der Narben einen Ganzkörperkompressionsanzug tragen, den er täglich nur für kurze Zeit ablegen durfte. Jetzt geht der inzwischen 14-Jährige in eine Regelschule und nutzt für die Fortbewegung einen Rollstuhl.

Krankenhaus bedauert "Vorgänge rund um die Behandlung"

Das Krankenhaus wollte sich zu dem Urteil nicht äußern, teilte aber mit: "Das Klinikum Emden bringt sein ausdrückliches Bedauern zu den neun Jahre zurückliegenden Vorgängen rund um die Behandlung des jungen Patienten zum Ausdruck."

OLG Oldenburg - 5 U 196/18

Redaktion beck-aktuell, 27. April 2020 (dpa).

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