OLG Oldenburg: Keine Verjährung deliktischer Ansprüche in "Abgas-Fällen" bei Klagen aus 2019

Bei im Jahr 2019 in "VW-Abgas"-Fällen erhobenen Klagen auf Schadenersatz aus Delikt sind die Ansprüche nicht verjährt. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg mit Urteil vom 30.01.2020 entschieden. Denn der Umfang des Gesamtkomplexes sei erst im Laufe des Jahre 2016 aufgeklärt worden. Eine Klageerhebung sei den Geschädigten daher bis Ende 2015 noch nicht zumutbar gewesen. Das OLG hat die Revision zugelassen (Az.: 1 U 131/19, 1 U 137/19).

OLG: Kein Verjährungsbeginn im Jahr 2015

Das OLG hat entschieden, dass die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) nicht bereits im Jahr 2015 begonnen hat. Zum Verjährungsbeginn gehörten nicht nur die Kenntnis von Schaden und Schädiger, sondern auch die Kenntnis der Tatsachen, auf deren Grundlage der Anspruchsinhaber eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage erheben könne. Man müsse zwar nicht alle Details kennen, aber auch nicht schon Klage erheben, solange der Sachverhalt noch weitgehend ungeklärt sei.

Umfang des Gesamtkomplexes erst 2016 aufgeklärt

Laut OLG hatte Volkswagen im September 2015 mitgeteilt, dass es bei dem Motor EA 189 "eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb" gebe. Der Konzern habe aber bestritten, dass der VW-Vorstand oder andere Personen in verantwortlicher Stellung davon gewusst hätten. Der Umfang des Gesamtkomplexes sei erst im Laufe des Jahre 2016 durch die Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte aufgeklärt worden.

Klageerhebung bis Ende 2015 nicht zumutbar

Die Geschädigten hätten daher zwar bereits 2015 von der Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge erfahren, von den Umständen, die eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründeten, aber erst später. Eine Klageerhebung sei daher bis Ende 2015 noch nicht zumutbar gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist sei daher Ende 2018 noch nicht abgelaufen gewesen. Die Geschädigten hätten daher auch im Jahr 2019 noch klagen können. 

OLG Oldenburg, Urteil vom 30.01.2020 - 1 U 131/19

Redaktion beck-aktuell, 31. Januar 2020.

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