Wer Anwälte bewertet, muss mitteilen, ob er Mandant war

Eine "1-Stern-Bewertung" mit dem Kommentar "Nein" für die Anwältin der Gegenseite nach einem Telefonat mit ihr kann zulässig sein – wenn klargestellt wird, dass kein Mandat bestand. Ein generelles Verbot der Bewertung erlaubt nach Ansicht des OLG Oldenburg die Meinungsfreiheit nicht.

Der Geschäftspartner eines Mandanten, einer GbR, hatte mit deren Anwältin telefoniert. Die GbR hatte rechtliche Bedenken bezüglich einer Rechnung für Futter. Zur Klärung der Fragen telefonierte der Verkäufer mit der gegnerischen Rechtsanwältin. Nach dem Telefonat gab er ihr auf Google eine "1-Stern-Bewertung" mit dem Kommentar "Nein". Das missfiel der Juristin, die ihn auf Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG verklagte. Damit war sie beim LG erfolgreich, das die Google-Bewertung als Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wertete. Der Verkäufer ging in Berufung und erzielte einen Teilerfolg.

Dem OLG Oldenburg zufolge kann die Anwältin von dem Geschäftspartner ihres Klienten keine uneingeschränkte Unterlassung der Google-Bewertung verlangen. Solange zwischen den Parteien kein Mandatsverhältnis besteht, muss aber der Geschäftspartner das bei seiner Bewertung offenlegen (Urteil vom 04.06.2024 – 13 U 110/23).

Zwar sei der Bewertende mit dem für die Bewertung der Kanzlei relevanten Leistungsangebot in Kontakt gekommen. Allerdings richte sich die Anwaltsbewertung – die das OLG als Meinungsäußerung einordnet – bevorzugt an Leute, die sie mandatieren wollen. Eine Bewertung – wie hier – ohne Hinweis darauf, dass er nicht ihr Mandant gewesen sei, sei daher unzulässig.

Die Abwägung, so das OLG weiter, zwischen dem Recht der Anwältin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und dem Recht des Geschäftspartners auf Meinungsäußerungsfreiheit falle nur insoweit zugunsten der Juristin aus. Da der Verkäufer mit ihr als Anwältin Kontakt gehabt habe, werde es dem hohen Stellenwert der Meinungsäußerungsfreiheit nicht gerecht, ihm grundsätzlich eine Kritik zu untersagen. Der Einwand der Anwältin, sie sei hinsichtlich derartiger Bewertungen in ihren Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt, weil sie ihren Mandanten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet sei, greift dem Richterkollegium zufolge nicht durch. Ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht müsse sie genauso beachten, wenn sie sich gegen Bewertungen von Mandanten wehre.

OLG Oldenburg, Urteil vom 04.06.2024 - 13 U 110/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 13. August 2024.