Der feministische "Funpark", den der Bezirksfrauenrat von Verdi Mittelfranken zusammen mit der Verdi Jugend, DGB, IG Metall und EVG anlässlich des internationalen Frauentags am 8. März dieses Jahres in Nürnberg organisierte, erntete einige Aufmerksamkeit – nicht immer nur positive. Während es laut den Organisatorinnen und Organisatoren ein "Tag voller Empowerment und Spaß" sein sollte, schrieb u.a. die FAZ in einem Kommentar von "enthemmter toxischer Weiblichkeit".
Betrat man die Veranstaltung durch ein Tor in der Optik einer stilisierten Vulva, bot sich eine Art Themenpark, der die gesellschaftliche Stellung von Frauen und Ungleichbehandlung thematisierte und von einer "Motzmauer" über ein "Care-Karussell" bis hin zu einer "Hau-den-toxischen-Lukas"-Station reichte. Dazu gab es eine Pappwand, auf der Frauen ihre Unzufriedenheit mit männlicher Dominanz und Diskriminierung äußern konnten. Eine Frau schrieb darauf den Spruch "Alte, weiße Männer stinken", was in einem Bericht des Bayerischen Rundfunks zu sehen war. Ein Rechtsanwalt, der – in den Worten des OLG – "in seinem Briefkopf die Bezeichnung 'Bundesrichter a.D.' führt", erstattete daraufhin Strafanzeige, weil er, selbst 67 Jahre alt, in dem Spruch eine Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu seinem Nachteil sah. Nachdem zunächst die Staatsanwaltschaft Ermittlungen abgelehnt hatte, scheiterte er nun auch mit einem Klageerzwingungsverfahren vor dem OLG Nürnberg (Beschluss vom 28.11.2024 – Ws 1076/24).
OLG: "Alte weiße Männer" als Code für Privilegien und Realitätsleugnung
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrer Abschlussverfügung im August ausgeführt, man sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten, was nun auch das OLG bestätigte. Man befand den Spruch auf der Pappwand schon nicht für geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, wie es der Tatbestand des § 130 StGB verlangt.
Hinsichtlich des Begriffs "alte weiße Männer" führte das Gericht – unter Verweis auf Wikipedia – aus, dieser werde in Deutschland bereits seit 2012 verwendet und man verstehe darunter "weiße Männer, die in einer Zeit aufgewachsen sind, in der sie aufgrund ihres Weiß- und Männlich-Seins gesellschaftliche Privilegien genossen haben, die diese Privilegien und die Diskriminierung von z.B. Frauen und People of Color aber verleugnen und somit die Gleichberechtigung aller Menschen behindern".
Zudem bezog man auch soziologische Fachliteratur in die Entscheidung ein und stellte danach fest, dass "Alter weißer Mann" kein wissenschaftlicher Begriff, sondern ein Etikett sei, "um in verkürzter und stereotyper Art und Weise ein bestimmtes Mindset, eine bestimmte Mentalität auf den Punkt zu bringen". Ebenfalls nicht entgangen war dem OLG, dass kürzlich in deutschen Kinos der Film "Alter weißer Mann" erschien.
Es liege daher auf der Hand, so die Richterinnen und Richter, dass der Spruch "Alte weiße Männer stinken" lediglich ein zugespitzter Diskussionsbeitrag zum Thema des feministischen Aktionstages sein sollte, der nicht ernsthaft ältere, hellhäutige Männer ausgrenzen oder verächtlich machen sollte. Schließlich sei auch "nicht erkennbar, dass es sich bei den 'alten weißen Männern' um eine besonders vulnerable Gruppe handelt, die in der Gesellschaft eine besonders gefährdete Position innehat oder die Opfer offener oder latenter Übergriffe ist."