Trotz Zustellungsvollmacht: Keine wirksame Zustellung einer e.V. an den Anwalt
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Ein Anwalt, der sich im vorgerichtlichen Abmahnverfahren als zustellungsbevollmächtigt bezeichnet, ist laut dem OLG Nürnberg nicht ohne weiteres der richtige Adressat einer anschließenden einstweiligen Verfügung. Nur die Zustellung direkt an die Partei sei korrekt.

Ein selbstständiger Versicherungsmakler mahnte eine Versicherungsvermittlung per Anwaltsschreiben ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Anwälte des Unternehmens wiesen die geltend gemachten Ansprüche zurück, im Schreiben hießt es u.a., "In vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, dass wir die T. AG anwaltlich vertreten. […] Im Übrigen sind wir zustellungsbevollmächtigt."

Das LG Regensburg erließ im Anschluss eine einstweilige Verfügung, die der Versicherungsmakler unmittelbar an das Vermittlungsunternehmen zustellen ließ, nicht aber an deren Bevollmächtigte. Auf den Widerspruch des Unternehmens hob das LG die Verfügung wieder auf, weil der Beschluss nicht innerhalb der Vollziehungsfrist ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

Dagegen legte der Selbständige Berufung ein: Er hätte nur dann nach § 172 ZPO zwingend an die Anwälte des Unternehmens zustellen müssen, wenn er sicher gewusst hätte, dass diese zum damaligen Zeitpunkt für das Verfügungsverfahren bestellt gewesen wären. Das aber habe er nicht gewusst.

OLG: Zustellung grundsätzlich an die Partei

Das OLG Nürnberg gab dem Makler auf ganzer Linie Recht (Urteil vom 24.10.2023 – 3 U 965/23). Der Eilbeschluss sei fristgerecht zugestellt worden. Denn eine einstweilige Verfügung sei, wenn der Anwalt nicht explizit klarstellt, dass er auch für ein eventuelles Eil-Verfahren Vollmacht hat, wie hier geschehen der Partei zustellen.

Der Makler habe nicht nach § 172 ZPO zwingend an die Anwälte zustellen müssen, die sich auf die Abmahnung hin als zustellungsbevollmächtigt bezeichnet hatten. Der Senat schloss sich der Rechtsprechung an, wonach ein Anwalt, der eine Partei im vorgerichtlichen Abmahnverfahren vertritt, nicht automatisch auch für ein nachfolgendes Gerichtsverfahren bestellt sei – auch wenn er vorprozessual zustellungsbevollmächtigt gewesen sei.

Die nicht näher spezifizierte Mitteilung – die Anwälte sind zustellungsbevollmächtigt –, reiche, so das OLG, nicht aus, damit wirksam nur an den Bevollmächtigten der Verfügungsbeklagten zugestellt werden konnte. Das Schreiben sei als Reaktion auf die vorgerichtliche Abmahnung erfolgt, fanden die Nürnberger Juristinnen und Juristen: Darin seien lediglich die (außergerichtliche) anwaltliche Vertretung der Verfügungsbeklagten und die (allgemeine) Zustellungsbevollmächtigung angezeigt worden.

Gut zu wissen: Es gibt auch Gegenstimmen, die eine "bloße Zustellungsbevollmächtigung" ablehnen. So versteht etwa das OLG Hamburg den Hinweis, für etwaige gerichtliche Schritte "zustellungsbevollmächtigt" zu sein, so, dass der Rechtsanwalt für das anstehende Verfügungsverfahren bevollmächtigt ist.

OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023 - 3 U 965/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 24. November 2023.