Netto-Onlineshop: Kein Geld vor Vertragsschluss

Kunden konnten zwar auf netto-online.de in Vorkasse gehen, hatten danach aber keinen Anspruch auf die bestellte Ware. Denn der Kaufvertrag kam nach den AGB erst bei Lieferung zustande. Das OLG Nürnberg hat dies nach einer Klage der Verbraucherzentrale untersagt.

Die NeS GmbH betreibt den Onlineshop des Discounters Netto und bietet auf ihrer Internetseite auch hochpreisige Waren an, die teilweise mehr als 1.000 Euro kosten. Kunden und Kundinnen, die als Zahlungsmittel "Vorkasse" wählten, sollten den vollen Rechnungsbetrag innerhalb von sieben Tagen nach der Bestellung zahlen. Wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Freitag mitteilte, kam der Kaufvertrag aber laut einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters erst mit Zusendung der Ware zustande. Als Lieferzeit nannte das Unternehmen für Paketsendungen "ca. 1 bis 3 Werktage" und bei Lieferung per Spedition "ca. 10 Werktage". Bei Vorkasse sollten sich diese Lieferzeiten um drei Werktage verlängern und am Tag der Zahlungsanweisung beginnen.

Der vzbv klagte gegen diese Geschäftspraxis und bekam nun vor dem OLG Nürnberg recht. Das Gericht folgte der Auffassung des Verbandes, dass die Vorkasse-Regelung Kunden und Kundinnen unangemessen benachteilige und gegen einen wesentlichen Grundsatz des BGB verstoße.

OLG: Kunden bei Nichterfüllung schutzlos

Durch die Zahlungsaufforderung vor Vertragsabschluss würden Verbraucherinnen und Verbraucher benachteiligt, da sie, wenn das Unternehmen nicht lieferte, zwar ihr Geld hätten zurückverlangen, nicht aber auf der Lieferung bestehen oder Schadenersatz verlangen können, so das OLG (Urteil vom 30.01.2024 - 3 U 1594/23). Sie müssten das gezahlte Geld über einen längeren Zeitraum entbehren, ohne sicher zu sein, dass die Ware geliefert werde. Sie seien im Hinblick auf ihre Erfüllungs- und Ersatzansprüche weitgehend schutzlos gestellt.

Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass Kunden und Kundinnen nicht erkennen könnten, wie lange sie an ihre Bestellung gebunden seien und wie lange das Unternehmen befugt sein sollte, ihr durch die Bestellung abgegebenes Angebot noch anzunehmen. Da die Lieferzeiten nur als Circa-Fristen angegeben waren, hätten sie selbst nach deren Ablauf keine Gewissheit.

"Wer Waren online kauft und sie per Vorkasse bezahlt, sollte dem Verkäufer gegenüber eine starke Rechtsposition haben. Ohne eine vertragliche Grundlage den vollen Kaufpreis zahlen zu müssen, ist unfair", betonte Rosemarie Rodden, Referentin beim vzbv, in einer Pressemitteilung zum Urteil.

OLG Nürnberg, Urteil vom 30.01.2024 - 3 U 1594/23

Redaktion beck-aktuell, ew, 31. Mai 2024.