Das beA-Nachrichtenjournal protokolliert im System des Anwalts, wann eine Nachricht eingegangen ist und wer sie wann zum ersten Mal geöffnet hat. Dies könnte ein wichtiges Beweismittel für eine Partei sein, die – wie vorliegend – die Unrichtigkeit des im Empfangsbekenntnis des Gegners genannten Zustelldatums eines erstinstanzlichen Urteils behauptet. Die konkrete Entscheidung wurde bereits am 7.10.2021 versandt und soll am 22.10.2021 zugegangen sein. Die Münchner OLG-Richterinnen und Richter machten für diese Beweiserhebung jetzt den Weg frei.
Das OLG (Beschluss vom 26.4.2024 – 23 U 8369/21) ordnete nach § 142 Abs. 1 ZPO (Anordnung der Urkundenvorlegung) an, dass der Anwalt der Gegenseite sein Nachrichtenjournal aus dem beA zu der elektronischen Übersendung des Landgerichtsurteils am 7.10.2021 in ausgedruckter Form vorlegen muss.
Vorlage des Journals nur bei gesteigertem Überprüfungsbedarf
"Ein das Klägerinteresse überwiegendes Geheimhaltungsinteresse der beklagten Partei oder ihres Prozessvertreters ist nicht ersichtlich", so das OLG weiter. Ein schützenswertes Interesse, die Information aus dem Verfahren herauszuhalten, wann das Urteil des LG erstmals seitens des Beklagtenvertreters geöffnet wurde, habe die Gegenseite nicht. Im Gegenteil: Die für die Zulässigkeit der Berufung wesentliche Vorfrage – wie die Zulässigkeit der Berufung – sei von Amts wegen zu klären. Hierbei gehe es – anders als bei der Vorlage von Mandantenkorrespondenz – nicht um die interne Kommunikation eines Rechtsanwalts mit seinem Mandanten etwa über die Prozessstrategie.
Die Anordnung war dem OLG zufolge zu treffen, da zwischen der Absendung des Teilurteils am 7.10.2021 und der elektronischen Bestätigung des Eingangs der Nachricht im System des Beklagtenvertreters am gleichen Tag und dem 22.10.2021 als Zustelldatum nach seinem Empfangsbekenntnis mehr als zwei Wochen lagen. Diese erhebliche Dauer rechtfertige es, die Vorlage des Journals zur näheren Überprüfung anzuordnen. Wie und warum es zu der deutlich über eine Woche hinausgehenden Zustellungsverzögerung gekommen sei, habe der Anwalt bisher nicht erklärt. Unklar sei derzeit auch, weshalb er das Empfangsbekenntnis erst am 04. November abgezeichnet und dann erst mit Fax vom 19. November ans LG übersandt habe, nachdem er zuvor bereits dreimal (am 21.10.21, am 04.11.21 und am 17.11.21) vom Gericht gemahnt worden sei.