OLG München: Übertragung von Sondereigentum zugleich mit dem Miteigentumsanteil des Erwerbers

WEG §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1, 22 Abs. 1

Zwei Wohnungseigentümer können den Gegenstand ihres jeweiligen Sondereigentums durch Übertragung einzelner Räume ihres Sondereigentums ändern, wenn das übertragene Sondereigentum zugleich mit dem Miteigentumsanteil des Erwerbers verbunden wird. Einer gleichzeitigen Verfügung über den Miteigentumsanteil bedarf es hierfür ebenso wenig wie einer Änderung der jeweiligen Miteigentumsanteile und einer Mitwirkung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer.

OLG München, Beschluss vom 06.06.2017 - 34 Wx 440/16, BeckRS 2017, 112283

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Mietrecht 12/2017 vom 22.06.2017

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Sachverhalt

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch als je hälftige Bruchteilseigentümer von Wohnungseigentum eingetragen. Dieses war im Bestandsverzeichnis ursprünglich wie folgt beschrieben: 80,07/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück ... verbunden mit Sondereigentum an Wohnung, Hobby- und Abstellraum Nr. 13 lt. Aufteilungsplan. In der zugrunde liegenden Teilungserklärung ist das Wohnungseigentum beschrieben als „Wohnung Nr. 13 Obergeschoß rechts samt Balkon, Terrasse, Hobbyraum und Abstellraum 80,07/1000".

Mit notariellem Vertrag vom 03.12.2012 vereinbarten die damaligen Bruchteilseigentümer der Einheiten Nr. 11 und Nr. 13 die (entgeltliche) Übertragung des der Einheit Nr. 13 zugeordneten Hobbyraums an die Eigentümer der Einheit Nr. 11. Zu diesem Zweck trennten die Eigentümer der Einheit Nr. 13 das Sondereigentum am Hobbyraum von ihrer Einheit ab und übertrugen den Hobbyraum bei gleichzeitiger Einigung über den Eigentumsübergang am veräußerten Sondereigentum auf die Erwerber (in unverändertem Anteilsverhältnis), die das ihnen übertragene Sondereigentum am Hobbyraum mit dem ihnen gehörenden Sondereigentum an der Einheit Nr. 11 verbanden. Die Miteigentumsanteile blieben unverändert. Die Vertragsteile bewilligten die Abschreibung des Sondereigentumsraums vom bisherigen Raumeigentum sowie den Vollzug des Eigentumsübergangs im Grundbuch und beantragten die Bestandteilszuschreibung unter Beibehaltung der bisherigen Nummerierung zum neu zugeordneten Raumeigentum.

Ebenfalls am 15.05.2013 wurde demgemäß im Wohnungsgrundbuch der Einheit Nr. 11, deren Bruchteilseigentümer die Beteiligten zu 3 und 4 sind, eingetragen:

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind der Meinung, zu einer wirksamen Änderung der Teilungserklärung durch Abtrennung des Hobbyraums von der Wohneinheit Nr. 13 hätte es der Mitwirkung (notariellen Zustimmung) aller Wohnungseigentümer bedurft. Weil ein entsprechender Nachtrag zur Teilungserklärung nicht existiere, sei der Hobbyraum materiell-rechtlich weiterhin der Einheit Nr. 13 zugeordnet. Die Eintragung im Bestandsverzeichnis vom 15.05.2013 stehe deshalb im Widerspruch zur materiellen Rechtslage. Sie beantragten daher am 02.08.2016, im Wege der Grundbuchberichtigung die Übertragung des Sondereigentums an dem im Aufteilungsplan mit Nr. 13 bezeichneten Hobbyraum zu löschen.

Mit Beschluss vom 08.11.2016 hat das Grundbuchamt diesen Antrag zurückgewiesen, weil nach materiellem Recht die Mitwirkung der übrigen Miteigentümer nicht erforderlich gewesen sei. Die Veräußerung und Übertragung von Sondereigentum sei im Grundbuch als Inhaltsänderung zu vollziehen. Hiergegen wenden sich Beteiligten zu 1 und 2 mit der Beschwerde, mit der sie ihren Berichtigungsantrag weiterverfolgen. Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Der Hobbyraum habe ohne entsprechenden Miteigentumsanteil und ohne Änderung des Verteilerschlüssels übertragen werden können.

Rechtliche Wertung

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn das Grundbuch bezeichnet den Gegenstand des Sondereigentums Nr. 13 in Übereinstimmung mit der materiellen Rechtslage, ist also nicht unrichtig.

Die Angaben im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs, die den Gegenstand des Sondereigentums betreffen und damit die Abgrenzung der im Sondereigentum stehenden Raumeinheiten untereinander (sowie die Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum) beschreiben, genießen den Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs gemäß § 892 BGB. Als Grundbuchinhalt sind sie daher der Berichtigung (§ 22 GBO) zugänglich, wenn die sich aus ihnen ergebende Aufteilung nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt (§ 894 BGB).

Das ist hier jedoch nicht der Fall. Nach dem Inhalt des Grundbuchs gehört der im Aufteilungsplan mit Nr. 13 bezeichnete Hobbyraum nicht mehr zum Gegenstand desjenigen Sondereigentums, das mit dem von den Beteiligten zu 1 und 2 erworbenen Miteigentumsanteil verbunden ist.

Die zwischen den damaligen Eigentümern der Wohnungen Nr. 11 und Nr. 13 vorgenommene Übertragung des Hobbyraums und die diesbezüglich in den beiden betroffenen Grundbüchern am 15.05.2013 vorgenommenen Eintragungen bewirkten materiell-rechtlich, dass das Sondereigentum an dem - im Aufteilungsplan nach wie vor mit Nr. 13 bezeichneten - Hobbyraum nicht mehr der im gegenständlichen Grundbuch gebuchten Wohnung Nr. 13 zugeordnet ist.

Die Bestimmung in § 6 Abs. 1 WEG, nach der Sondereigentum nicht ohne den zugehörigen Miteigentumsanteil veräußert werden kann, steht der Wirksamkeit der Übertragung nicht entgegen.

Die nach dem Gesetz grundsätzlich unlösbare Verbindung zwischen Miteigentumsanteil und Sondereigentum hat zur Folge, dass isoliertes Sondereigentum (wie auch ein isolierter Miteigentumsanteil) nicht durch Rechtsgeschäft begründet werden kann, bedeutet aber nicht, dass die Wohnungseigentümer untereinander über Sondereigentum nur zusammen mit einem Miteigentumsanteil verfügen könnten. Nach ihrem Zweck soll die Vorschrift verhindern, dass eine Person in einer Wohnungseigentümergemeinschaft Sondereigentümer ist, ohne zugleich Miteigentümer zu sein, und umgekehrt. Nach dem am Gesetzeszweck ausgerichteten Verständnis der Norm können daher Wohnungseigentümer untereinander über das Sondereigentum (wie auch über den Miteigentumsanteil) allein verfügen, wenn dies nicht dazu führt, dass eines der beiden Elemente verbindungslos wird.

Demzufolge können zwei Wohnungseigentümer - wie hier die Eigentümer der Wohnungen Nr. 11 und Nr. 13 - einzelne Räume des Sondereigentums von einem auf den anderen übertragen und dadurch den Gegenstand des jeweiligen Sondereigentums ändern. Einer gleichzeitigen Verfügung über den Miteigentumsanteil bedarf es hierfür ebenso wenig wie einer Änderung der jeweiligen Miteigentumsanteile. Erforderlich ist vielmehr, dass gleichzeitig das übertragene Sondereigentum am Hobbyraum mit dem Miteigentumsanteil des Erwerbers verbunden wird. Dies ist hier geschehen. Die Verfügung hat kein isoliertes Sondereigentum zur Folge.

Praxishinweis

Das OLG München schließt sich mit der vorliegenden Entscheidung der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 17.01.1968 - V ZB 9/67, NJW 1968, 499; NJW 1986, 2759) an, wonach Wohnungseigentümer nicht gehindert sind, untereinander den Gegenstand ihres Sondereigentums ohne gleichzeitige Änderung der Miteigentumsanteile zu verändern, etwa einzelne Räume ihres Sondereigentums von dem einen Sondereigentum auf das andere zu übertragen. Ein solcher Vorgang bedarf der Form des § 4 WEG i. V. m. §§ 873, 925, 311 b BGB. Insoweit gilt nichts anderes als bei Unterteilung des Sondereigentums (BGH, Urteil vom 01.10.2004 - V ZR 210/03, NJW-RR 2005, 10).

Ein solcher Vorgang bedarf nach dem Gesetz nicht der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten, da die übrigen Wohnungseigentümer hierdurch nicht in ihren Rechten beeinträchtigt werden (BGH, Beschluss vom 17.01.1968 - V ZB 9/67, NJW 1968, 499). Die Unterteilung kann aber durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder durch die Teilungserklärung des Grundstückseigentümers von der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten abhängig gemacht werden; diese Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grunde versagt werden (BGH, Beschluss vom 04.12.2014 - V ZB 7/13, FGPrax 2015, 101). Die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte Unterteilung eines Wohnungseigentums ist unzulässig, wenn Räume, die nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienen, nach der Unterteilungserklärung ein neues Wohnungseigentum bilden. (BGH, Beschluss vom 4.12.2014 - V ZB 7/13, FGPrax 2015, 101). Dies gilt auch dann, wenn Nebenräume Teil einer Wohnung sind und in der Teilungserklärung daher nicht ausdrücklich als Teileigentum bezeichnet werden („unselbständiges Teileigentum"). Ob die Räume tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt worden sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich (BGH, Beschluss vom 04.12.2014 - V ZB 7/13, FGPrax 2015, 101).

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2017.