Lkw-Kartell: Prozess könnte neu aufgerollt werden

70.000 Käufer von angeblich überteuerten Lkws können doch noch auf Schadensersatz hoffen. Nach vorläufiger Einschätzung des OLG München ist das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und das Verfahren an das LG München I zurückzuverweisen. Dieses hatte eine Sammelklage gegen mehrere Lkw-Hersteller abgewiesen.

500 Millionen Euro Schadenersatz fordern die Käufer von MAN, Daimler, Iveco und Volvo/Renault. Das Landgericht wies die Sammelklage des Rechtsdienstleisters Financialright Claims als teils unzulässig, teils unbegründet ab. Das Oberlandesgericht kam nun im Berufungsverfahren zu einer anderen Bewertung. Viele Fragen seien offen, der Fall sei noch nicht entscheidungsreif, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Müller. Wann das OLG abschließend entscheidet, war zunächst nicht absehbar. 

Die Abtretung der Schadenersatzforderungen an den Inkasso- und Rechtsdienstleister Financialright Claims sei nach vorläufiger Einschätzung des Senats jedenfalls rechtens. Die Bündelung der Ansprüche sei zulässig. Financialright Claims tritt als alleiniger Kläger auf und bekommt im Erfolgsfall 33% Provision. Auch die vom LG angenommene Unbestimmtheit der Klage liege nicht oder nach Korrekturen nicht mehr vor, sagte der Senatsvorsitzende. Vom LG als unzulässig zurückgewiesene Anträge seien nach vorläufiger Einschätzung des Senats hinreichend bestimmt. 

Kläger-Anwalt Alex Petrasincu äußerte sich erfreut. Die Einschätzung des OLG sei im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. Eine Daimler-Sprecherin sagte: "Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass unseren Kunden kein Schaden entstanden ist." Die EU-Kommission hatte gegen DAF, Daimler, Iveco, Scania und Volvo/Renault ein Bußgeld von fast vier Milliarden Euro wegen Kartellverstößen verhängt. Die Lkw-Konzerne hatten von 1997 bis 2011 Verkaufspreise ausgetauscht. MAN war als Kronzeuge straffrei ausgegangen.

Redaktion beck-aktuell, ak, 5. Oktober 2023 (dpa).