OLG München: Sendeunternehmen nicht zu Abschluss von Lizenzverträgen mit Betreibern von Online-Videorekordern verpflichtet

Betreiber von Online-Videorekordern haben gegen Sendeunternehmen keinen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemäß § 87 Abs. 5 UrhG. Bei den "Aufzeichnungen" fehle es an einer Weitersendung im Sinn der §§ 20b, 87 Abs. 5 UrhG, die Voraussetzung für einen erleichterten Erwerb sei, begründet das Oberlandesgericht München sein Urteil vom 06.04.2017 (Az.: 6 Sch 21/16WG).

Betreiber eines Online-Videorekorders bietet Kunden Sendungen eines Sendeunternehmens an

Die Beklagte empfängt ein Fernsehprogramm der Klägerin, eines Sendeunternehmens, über Satelliten-Antennen. Kunden der Beklagten können aus Programmen, darunter das der Klägerin, über eine elektronische Programmzeitschrift Sendungen auswählen. Diese werden auf einem "internetbasierten persönlichen Videorekorder" (PVR) des Kunden abgespeichert. Dabei handelt es sich um einen Speicherplatz auf dem Festplattenverbund der Beklagten. Die ausgewählten Sendungen werden nutzerindividuell auf dem Aufnahmeserver aufgezeichnet und dann in ein nutzerindividuelles Verzeichnis auf dem "Storage Cluster" der Beklagten verschoben. Von dort kann der Nutzer die auf dem PVR aufgezeichneten Sendungen über das Internet zu jeder Zeit und beliebig oft ansehen.

Sendeunternehmen sieht sein Urheberrecht verletzt

Die Klägerin sieht ihr urheberrechtliches Leistungsschutzrecht verletzt und klagte auf Unterlassung. Entscheidend war in diesem Zusammenhang die Frage, ob sie gegenüber der Beklagten zum Abschluss eines Lizenzvertrages zur Kabelweitersendung gemäß §§ 87 Abs. 5, 20b UrhG verpflichtet ist. Die Beklagte macht einen solchen Anspruch widerklagend geltend.

OLG München verneint Kontrahierungszwang des Sendeunternehmens

Das OLG München hat einen Kontrahierungszwang der Klägerin verneint. Hierfür fehle es an einer Kabelweitersendung im Sinn des § 20b UrhG durch die "Aufzeichnung" mit einem PVR. Dieses Nutzungsrecht setze nach § 20b Abs. 1 S. 1 UrhG voraus, dass das von einem Sendeunternehmen gesendete Werk, das in ein Programm eingebettet ist, zeitgleich, unverändert und vollständig durch Kabelsysteme weitergeleitet wird. Fehle es an einer Einbettung in ein Programm, würden mithin lediglich einzelne Werke per Kabel an eine Öffentlichkeit weitergeleitet, liege keine Kabelweitersendung vor.

Kein erleichterter Rechteerwerb für "Rosinenprogramme"

Gleiches gilt laut OLG München, sofern die Weitersendung des Programms unvollständig ist. Denn derjenige, der sich auf die Weiterleitung der beliebtesten Sendungen aus einem fremden Programm beschränkt und auf diese Weise gleichsam sein eigenes "Rosinenprogramm" zusammenstellt, solle nach der ratio legis nicht in den Genuss des nach § 87 Abs. 5 UrhG erleichterten Rechteerwerbs kommen. Genau dieser Fall aber sei hier gegeben.

Redaktion beck-aktuell, 28. September 2017.