OLG München: 140 statt erlaubter 70 km/h - Versicherung muss dennoch für Schrott-Porsche zahlen

Erlaubt ist nur Tempo 70. Trotzdem rast ein Fahrer mit seinem Porsche viel zu schnell über die Landstraße in der Nähe von Neunkirchen-Seelscheid (Rhein-Sieg-Kreis). Im März 2014 fährt der damals 43-Jährige mit mehr als 140 Stundenkilometern in die Rechtskurve, kommt auf die Gegenspur und prallt mit seinem nigelnagelneuen Wagen in ein anderes Auto. Er und der andere Fahrer werden schwer verletzt; der schwarze Porsche 911 Carrera ist total Schrott. Von seiner Versicherung bekommt der Mann jetzt mehr als 82.000 Euro für den Schaden. Vor dem Oberlandesgericht München gewann er am 02.08.2019 einen Rechtsstreit mit der Generali-Versicherung.

Kritik von Seiten der Versicherung

Die Anwältin der Versicherungsgruppe mit Sitz in München kritisierte die Entscheidung. Sie sprach von einer "Belohnung" dafür, dass der Mann aus Nordrhein-Westfalen mit seinem riskanten Fahrstil einen anderen Autofahrer schwer verletzt habe – und dafür nun sein geschrottetes Auto erstattet bekomme. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Vertreterin von Generali schloss nicht aus, das Urteil vor dem Bundesgerichtshof anzufechten.

Vorsätzlich oder nur grob fahrlässig?

Die Richter in München mussten entscheiden: Handelte der Mann mit seinem Manöver auf der Landstraße in Nordrhein-Westfalen grob fahrlässig oder vorsätzlich? Das Gericht entschied, keinen Vorsatz zu sehen. Die Frage war entscheidend dafür, ob der Versicherungsschutz greift oder nicht. Denn der Fahrer hatte für seinen Porsche bei Generali eine Premium-Versicherung abgeschlossen. Der Schutz gilt bei Schäden, die durch Fahrlässigkeit entstanden sind. Ausgeschlossen ist die Teilnahme bei Autorennen. Genau das hatte die Versicherung dem IT-Abteilungsleiter aber zunächst vorgeworfen. Über mehrere Kilometer hinweg sei er in seinem Porsche vor einem Audi gerast, sagte die Anwältin. Die beiden Männer hätten sich gegenseitig angespornt, schneller zu fahren. Der Anwalt des Porsche-Fahrers sagte, beide Männer seien auf der Strecke zufällig aufeinander getroffen. Absprachen oder eine Verabredung habe es nicht gegeben.

Zeuge: Audi-Fahrer nötigte Porsche-Fahrer

Der Vorsitzende Richter am OLG sah das ähnlich und berief sich auf Zeugen: Der Porsche-Fahrer habe Gas gegeben, weil der Audi-Fahrer hinter ihm zu dicht aufgefahren sei und er sich von diesem absetzen wollte. Zwischen die beiden Fahrzeuge habe "kein Blatt mehr gepasst". Der Audi-Fahrer habe den Porsche-Fahrer genötigt. Seinen Porsche mit dem gefährlichen Fahrstil zu beschädigen, habe der Mann nicht billigend in Kauf nehmen wollen, erklärte der Richter. Deswegen habe er vor der Kurve auch gebremst.

Viel zu hohe Geschwindigkeit in enger Kurve

Mit einem Spielzeugauto erklärte ein Sachverständiger vor Gericht, welche Kräfte auf den Porsche mit Baujahr 2013 in der Kurve gewirkt haben müssen. Die Kurve an der Unfallstelle sei ungefähr so eng wie die Schleifen an Autobahnausfahrten. Dort könnten bei hohem Tempo schon kleine Fahrfehler oder Unebenheiten fatale Folgen haben.

Zwei Jahre auf Bewährung und zwei Jahre Fahrverbot

Dafür dass der heute 49-Jährige das Tempolimit bei weitem überschritten hatte, wurde er bereits in Nordrhein-Westfalen vor dem Amtsgericht Siegburg bestraft. Nach eigener Darstellung erhielt er zwei Jahre auf Bewährung und zwei Jahre Fahrverbot. Außerdem habe er 30.000 Euro zahlen müssen. Er "hat Mist gebaut", sagte nun auch der Richter am OLG in München.

OLG München, Urteil vom 02.08.2019

Redaktion beck-aktuell, 8. August 2019 (dpa).

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