Keil zwischen Alteingesessenen und Neubürgern?
Der Rechtsstreit sorgt auch für Aufmerksamkeit in der bayerischen Politik. "Es ging bei diesem Streit um grundsätzlich mehr als um vermeintlichen Lärm", teilte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) mit, zu deren Stimmkreis auch Holzkirchen gehört. "Hier geht es um das Miteinander von Alteingesessenen und Hinzugezogenen. Wer privilegiert im Oberland leben möchte, sollte auch die Lebensgepflogenheiten der Menschen hier akzeptieren." Klagen gegen Kirchenlärm, Kuhglocken oder das Krähen von Hähnen trieben einen Keil zwischen Alteingesessene und Neubürger. "Zu unserer ländlichen Lebensart gehört die Kuh auf der Weide – samt Kuhglocke."
Gericht zog "Schlafprobe" in Erwägung
Das Gericht hatte in der Verhandlung im Februar 2019 auch eine richterliche "Schlafprobe" ins Spiel gebracht: Wenn sich Ehepaar und Bäuerin nicht einigen könnten, müsse man womöglich die Sache selbst in "Augen- und Ohrenschein" nehmen, sagte der Vorsitzende Richter Johannes Nagorsen damals. Da es um die Nachtruhe gehe, würde es darauf hinauslaufen, "dass wir mit oder ohne Sachverständigen dort ein Nacht verbringen". Das Ehepaar hätte auch eine Übernachtung möglich gemacht. Doch das Gericht kam darauf nun nicht mehr zurück.
Verfahren scheiterten an zuvor geschlossenem Vergleich
Beide Eheleute waren in ihren getrennten Verfahren in erster Instanz vor allem wegen eines vom Ehemann 2015 mit der Bäuerin geschlossenen Vergleichs gescheitert. Demnach dürfen nur im entfernteren Teil der Wiese mit gut 20 Metern Abstand Kühe mit Glocke grasen. Daran hält sich Bäuerin Regina Killer. Dem Ehepaar war es aber weiter zu laut.
Anwalt: Lautstärke von mehr als 70 Dezibel
Der Anwalt der Eheleute, Peter Hartherz, hatte vor dem OLG im Februar 2019 vorgebracht, Messungen am Schlafzimmerfenster des Paares hätten eine Lautstärke von mehr als 70 Dezibel ergeben. Zum Beweis spielte er im Gericht Aufnahmen des Gebimmels ab. Das Gericht kam dennoch zu dem Schluss, dass die Lärmangaben teils zu pauschal seien. Nach dem Urteil am 10.04.2019 sagte Hartherz, sein Mandant habe auf eine Beweisaufnahme gesetzt. "Er hat darauf gehofft, dass das Gericht sich mal selbst ein Bild macht von den unhaltbaren Zuständen." Dazu zählen nach Ansicht des Ehepaares nicht nur die Kühe mit ihren Glocken, sondern auch Fliegen, die um die Kühe und von dort auf ihr Anwesen schwirren, sowie das Ausbringen von Gülle.
Verhandlung für Ehefrau steht noch aus
Die Bäuerin Killer sieht dem weiteren Rechtsstreit gelassen entgegen. "Natürlich bin ich erleichtert. Wenn er (der Ehemann) schon abgewiesen worden ist – warum soll sie (die Ehefrau) nicht abgewiesen werden?" Denn die Verhandlung für die Ehefrau in zweiter Instanz steht noch aus, Hartherz hat hier Berufung gegen das Landgerichtsurteil eingelegt. Der Anwalt gibt nicht auf: "Jetzt werden wir alles daransetzen, dass zumindest die Ehefrau des Klägers zu ihrem Recht kommt."
Nichtzulassungsbeschwerde angekündigt
Ein Ende hat der Rechtsstreit also auch mit diesem Urteil nicht. Auch beim Ehemann könnte es weitergehen. Das OLG hat zwar eine Revision nicht zugelassen – doch Hartherz will wahrscheinlich Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen: "Wir gehen davon aus, dass wir das machen werden."