Keine Entschädigung für Camp TV nach Entzug von TV-Sendelizenz

Das Unternehmen Camp TV, Produzent des ehemaligen "Bayern Journals" im Programm von Sat.1 und RTL, dem 2009 die Sendelizenz rechtswidrig entzogen worden war, erhält keine Entschädigung. Dies hat das Oberlandesgericht München als Berufungsinstanz am 29.10.2020 entschieden. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass durch den Entzug der Lizenz Gewinne entgangen sind.

BVerwG erachtete Entzug der Sendelizenz für rechtswidrig

Es war ein Rechtsstreit, der unter Juristen wie Medienmachern große Beachtung gefunden hat. Zuerst urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass der im Jahr 2009 erfolgte Widerruf der Sendelizenz für die Firma Camp TV rechtswidrig gewesen war. Im darauf folgenden Verfahren über Schadenersatz entschieden die Gerichte zunächst, dass die Fernsehmacher wegen des "enteignungsgleichen Eingriffs" einen Anspruch auf den entgangenen Gewinn erheben können. In Bezug auf die Höhe der Entschädigung lagen die Meinungen weit auseinander. Während die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) gar nichts zahlen wollte, forderte Camp TV anfänglich zehn Millionen Euro.

OLG: Entgangener Gewinn nicht nachgewiesen

Das Landgericht München I hatte dann auf eine Entschädigung von gut 200.000 Euro erkannt. Dagegen hatten sowohl die Produktionsfirma als auch die BLM Berufung eingelegt. Die Berufung der Produktionsfirma wies das OLG zurück. Die Berufung der BLM war hingegen erfolgreich. Camp TV habe nicht nachweisen können, dass ihr durch den Entzug der Lizenz Gewinne entgangen sind, da die Firma in den Vorjahren regelmäßig Verluste gemacht habe. Gegen sein Urteil ließ das OLG keine Revision zu, möglich ist allenfalls noch eine Nichtzulassungsbeschwerde. Mit dem Urteil endet daher aller Wahrscheinlichkeit nach der drittlängste Prozess am OLG München endgültig.

Sendelizenz nach Änderung der Gesellschaftsstruktur entzogen

Camp TV hatte 1995 eine zunächst bis 2002 befristete und anschließend bis 2010 verlängerte Lizenz bekommen, am Wochenende ein einstündiges bayerisches Fernsehfenster für Sat.1 und RTL auszustrahlen. Nach dem Tod des einen Geschäftsführers Ende 2008 gab es jedoch gesellschaftsrechtliche Veränderungen. Der Medienrat der BLM nahm die aus ihrer Sicht wesentlich geänderte Gesellschaftsstruktur und die dadurch bedingte Einschränkung der Meinungsvielfalt sowie Vermischung von Fernseh- und Immobiliengeschäften im Mai 2009 zum Anlass, die Sendegenehmigung mit einer Auslauffrist zum 25.10.2009 zu widerrufen und die Lizenz neu auszuschreiben.

Camp TV will Nichtzulassungsbeschwerde einreichen

Kern des Streits sei die Frage, ob eine Entschädigung für die kurze Restlaufzeit der Genehmigung oder eine ohne eine derartige Beschränkung zu gewähren sei, teilte die von Camp TV beauftragte Kanzlei Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP mit. Um dies zu klären solle eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt werden, sobald der Urteilstext übermittelt und geprüft sei. Der BGH habe im vorangegangenen Grundverfahren Hinweise in Richtung der Meinung der Klägerin erteilt, die vom OLG übergangen worden seien. Bemerkenswert sei auch, dass das OLG das Urteil des LG auf Grundlage des von diesem eingeholten Gutachtens für falsch halte, trotzdem aber kein Gutachten eingeholt habe, um die Frage der Laufzeit als Grundlage der Entschädigungsberechnung durch den BGH klären lassen zu können. Das OLG habe dieses Vorgehen in der mündlichen Verhandlung als zynisches, aber prozessökonomisches Vorgehen bezeichnet.

OLG München, Urteil vom 29.10.2020 - 1 U 3572/18

Redaktion beck-aktuell, 30. Oktober 2020 (dpa).