Falscher Vorspann in Zeitung: In Print wird nicht nur die Einleitung gelesen

Wenn es im Teaser fälschlicherweise heißt, die Staatsanwaltschaft habe einen Strafbefehl erlassen, besteht kein Anspruch auf eine Gegendarstellung, falls der Fehler ein paar Absätze später geradegerückt wird. Jedenfalls bei Lesern einer Qualitätszeitung ging das OLG München davon aus, dass sie nicht nur die Einleitung lesen. 

Eine Zeitung hatte in ihrer Printausgabe vom 03.11.23 über einen Strafbefehl gegen einen Tennisstar berichtet. Der Vorspann unter der Überschrift lautete wie folgt: "Bis zu ihrer Trennung inszenierten sich Tennisstar … und die Influencerin … als Traumpaar. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Strafbefehl (über 450.000 Euro) gegen den Sportler erlassen – wegen häuslicher Gewalt. (…)". In Wahrheit hatte das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Strafbefehl erlassen, was im Zeitungsartikel aber erst weiter unten im eigentlichen Text zu lesen war. Der Tennisprofi verlangte daher von der Herausgeberin der Zeitung eine Gegendarstellung nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG). Das LG München I kam seinem Eilantrag nach, der dort auch – trotz Widerspruch des Verlagshauses – hielt. Das OLG München entschied jedoch zugunsten der Zeitung (Urteil vom 16.01.2024 – 18 U 5073/23 Pre).

Zur Mitteilung im Vorspann führte es insoweit aus: "Da der maßgebliche Durchschnittsleser der Printausgabe der S. Zeitung – anders als Leser von Boulevard-/Yellow Press-Titelseitenschlagzeilen – aber jedenfalls auch die wenige Sätze später im Artikel folgenden ergänzenden Erläuterungen zum betreffenden Verfahren zu lesen pflegt, ist hier nicht isoliert allein auf den Vorspann des Artikels abzustellen." Da weiter unten das Verfahren richtig erklärt wurde, handelt es sich den Münchner Richterinnen und Richtern zufolge um eine wahre Tatsachenbehauptung. Mangels berechtigten Interesses habe der Tennisstar keinen Anspruch auf Abdruck der geforderten Gegendarstellung nach Art. 10 Abs. 1 S. 1 BayPrG.

OLG München, Urteil vom 14.12.2023 - 26 O 14617/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 20. März 2024.