Und wenn es nur ein Tag ist: Antrag auf Fristverlängerung ist dringlichkeitsschädlich

In einem UWG-Eilverfahren hatte die Antragstellerin etwa zweieinhalb Wochen, bevor mündlich verhandelt werden sollte, auf Antrag einen Tag Fristverlängerung bekommen. Das OLG München sah den Antrag als dringlichkeitsschädlich an und hob deshalb die zuvor vom LG erlassene einstweilige Verfügung auf.

Die Antragstellerin hatte im April 2023 wegen unlauterer Werbung eine einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin beantragt. Das LG hielt eine mündliche Verhandlung für erforderlich, einen Termin stellte es erst für Ende Juni 2023 in Aussicht. Am 9. Juni 2023, einem "Brückenfreitag", an dem eine Frist für eine Stellungnahme ablief, beantragte die Antragstellerin eine Verlängerung der Frist um einen Tag, die sie erhielt. Das LG verhandelte schließlich am 3. Juli 2023 und erließ anschließend die Verfügung.

Die von der Antragsgegnerin dagegen eingelegte Berufung führte zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Das OLG München sah die in Wettbewerbssachen geltende Dringlichkeitsvermutung (§ 12 Abs. 1 UWG) aufgrund des von der Antragstellerin gestellten Fristverlängerungsantrags widerlegt (Urteil vom 25.07.2024 - 29 U 3362/23). Damit fehle der erforderliche Verfügungsgrund.

Für das OLG spielte es keine Rolle, dass es nur um eine Verlängerung der Frist um einen Tag ging und dass ein Termin erst für Ende Juni angekündigt war. Denn Fristverlängerungsanträge seien im Regelfall dringlichkeitsschädlich, weil der Antragsteller wegen der damit regelmäßig verbundenen Verfahrensverlängerung zeige, dass ihm die Sache doch nicht so dringlich sei. Gründe für eine abweichende Beurteilung des Antrags sah das OLG nicht, da die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Beantragung der Fristverlängerung nicht gewusst habe, ob der für Ende Juni 2023 angekündigte Termin würde stattfinden können.

Dass es nur um einen Tag gegangen sei, sei irrelevant. Denn es komme nicht darauf an, ob sich ein Fristverlängerungsantrag tatsächlich auf die Verfahrensdauer ausgewirkt habe. Das OLG verweist auf den Aspekt der Rechtssicherheit. Hier sei zudem gar nicht klar, dass der Antrag das Verfahren nicht verzögert habe, nachdem schließlich erst Anfang Juli verhandelt worden sei.

Anwalt der Antragstellerin überrascht und verärgert

Sehr überrascht und verärgert über diese Entscheidung äußerte sich der Anwalt der Antragstellerin, Richard Dissmann von der Kanzlei Bird & Bird LLP, in einem Post bei LinkedIn. Das Urteil des OLG enthält eine Passage, in der es heißt: "Auf den – streitigen – Inhalt des Telefonats mit der Kammervorsitzenden, das der Antragstellervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.07.2024 geschildert hat, kommt es ebenfalls nicht an."

Zu diesem Telefonat schildert Dissmann in seinem Post, dass er die Kammervorsitzende am LG wegen des Fristverlängerungsantrags am 9. Juni 2023, dem "Brückenfreitag", zunächst angerufen und gefragt habe, ob er auch erst am Montag erwidern könne. Sie habe geäußert, "das sei kein Problem, es werde ja erst in ein paar Wochen verhandelt. Ich versichere mich noch (eher im Scherz), dass sie mir das nicht als dringlichkeitsschädlich vorhalten werde - natürlich nicht, lacht sie zurück. Es werde ja nichts verzögert". Der Vorsitzende am OLG habe das Telefonat für irrelevant erklärt, denn "eine Vorsitzende am Landgericht könne nicht darüber bestimmen, wie das OLG die Dringlichkeit beurteilen müsse". Dissmann schreibt, dass er eine Anhörungsrüge erhoben hat.

OLG München, Urteil vom 25.07.2024 - 29 U 3362/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 20. September 2024.