Ein Mietverhältnis über Wohnraum kann auch dann entstehen, wenn notarielle Vertragsregelungen zunächst genau das verhindern wollen, so das OLG München (Urteil vom 06.02.2025 - 14 U 3532/24 e). Ausgangspunkt der Entscheidung ist die zweifache Veräußerung eines Einfamilienhauses. Ursprünglicher Eigentümer war das Ehepaar, dass das Haus auch selbst bewohnte. Diese verkauften ihr Heim an eine Firma. Der zwischen den Parteien notariell beurkundete Kaufvertrag sah unter anderem vor, dass das Ehepaar das Haus bis zu einem gewissen Zeitpunkt zu räumen und bis dahin eine monatliche "Nutzungsentschädigung" zu zahlen habe. Weiterhin verzichtete das Paar auf Räumungsschutz.
Die Firma wiederum verkaufte das Haus an einen Dritten und trat die Rechte, einschließlich der Nutzungsentschädigung aus dem Kaufvertrag, auch an diesen ab. Der Dritte klagte daraufhin auf Räumung des Hauses, als das Ehepaar keine Anstalten machte, auszuziehen.
Vermietung entsteht durch tatsächlich gelebte Vereinbarungen
Das LG Kempten als Vorinstanz wies diese Räumungsklage ab (Urteil vom 11.09.2024 – 22 O 193/24). Zwischen den Parteien sei ein Wohnraummietverhältnis entstanden. Zwar sei kein schriftlicher Mietvertrag geschlossen worden, jedoch ergebe sich aus "den tatsächlich gelebten Vereinbarungen" eine Vermietung. So habe das Ehepaar einen monatlichen Beitrag gezahlt, den der neue Eigentümer auch als "Miete" bezeichnete. Weiterhin habe er unter anderem eine Mieterhöhung gefordert und dafür auf gesetzliche Mietregelungen hingewiesen. Somit entstand aus Sicht des Gerichts ein Mietverhältnis, das nicht wirksam beendet wurde – daher könne der Kläger auch keine Räumung verlangen.
Dieser Auffassung schloss sich nun auch das OLG München an. Die notarielle Vereinbarung spreche zwar gegen einen Mietvertrag, doch die "gelebte Praxis" zwischen dem Ehepaar und dem neuen Eigentümer habe ein Mietverhältnis begründet. Durch diese Praxis könne sich dieser nicht mehr auf die ursprünglichen Regelungen aus dem Vertrag berufen. Das OLG stellte somit fest, dass Bewohnerinnen und Bewohner in Fällen der Kollision mit notariellen Vereinbarungen bei Vorliegen eines Mietverhältnisses den Schutz des Wohnraummietrechts genießen.