OLG Köln: Tankmotorschiff “Waldhof“ für Havarie auf Höhe der Loreley allein verantwortlich

Die Reederei der auf dem Rhein auf Höhe der Loreley gekenterten “Waldhof“ erhält keinen Schadensersatz von den Eignern der im Unfallzeitpunkt als Bergfahrer entgegenkommenden “Acropolis“. Dem Bergfahrer sei vorliegend kein Verschulden an der Havarie anzulasten. Der Unfall sei vielmehr auf eine falsche Beladung des gekenterten Schiffes zurückzuführen, entschied das Oberlandesgericht Köln als Rheinschifffahrtsobergericht mit Urteil vom 20.03.2018 (Az.:3 U 209/13 BSchRh).

Sachverhalt

Das rheinabwärts fahrende 109,95 Meter lange Tankmotorschiff (TMS “Waldhof“) der Klägerin kenterte kurz nach der Begegnung mit dem bergfahrenden 135 Meter langen Großmotorschiff (GMS “Acropolis“) im Bereich des “Bettecks“ und kollidierte mit einem weiteren bergfahrenden Schiff, bis es kurz unterhalb des Loreleyhafens auf Grund zum Liegen kam. Dir Klägerin machte einen Betrag von rund 1,6 Millionen Euro gegen die Eigner der “Acropolis“ geltend. Die “Acropolis“ habe sich in der Begegnung fehlerhaft verhalten und hätte nicht in die Engstelle am “Betteck“ einfahren dürfen. Letztlich sei sie für die Havarie mitverantwortlich. Das zuständige Rheinschifffahrtsgericht wies die Klage auf Basis der Ergebnisse der behördlichen und staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen ab.

OLG: Schiffsführer der “Acropolis“ ist kein Verschulden an der Havarie anzulasten

Das Oberlandesgericht hat als Rheinschifffahrtsobergericht nunmehr auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Schiffsführung der “Acropolis“ sei keine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten, die zur Havarie geführt habe. Die “Acropolis“ habe nicht unterhalb des “Bettecks“ warten müssen. Zwar sei nach der Havarie ein generelles Begegnungsverbot für Schiffe eingeführt worden, wenn am “Betteck“ die Hochwassermarke I überschritten ist. Nach den zum Unfallzeitpunkt geltenden Regeln hätte der Bergfahrer aber generell nur warten müssen, wenn das Warnsystem für Schiffe - die sogenannte “Wahrschau“ - außer Betrieb gewesen wäre. Die Warntafeln am “Betteck“ hätten zum Unfallzeitpunkt aber unstreitig funktioniert.

“Betteck“ keine Wartepflicht begründende Engstelle

Eine Begegnung von Schiffen der hier maßgeblichen Schiffsgrößen sei daher trotz des Hochwassers auch am “Betteck“, einer besonders gefahrträchtigen Stelle des Rheins, gestattet gewesen. Eine Sonderregel in der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, die dem Bergfahrer vorschreibt, an Engstellen zu warten, sei nicht einschlägig, weil das “Betteck“  keine Engstelle im Sinn dieser Verordnung sei. Der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend erläutert, dass die Fahrrinne ausreichend breit für die Begegnung der beiden Schiffe gewesen sei.

Bergfahrer befand sich auf optimalem Kurs

Die Schiffsführung der “Acropolis“ habe auch nicht gegen allgemeine nautische Sorgfaltspflichten verstoßen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass nach § 6.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung der Bergfahrer dem Talfahrer einen geeigneten Weg freizulassen habe. Der Bergfahrer habe in eigener Verantwortung zu prüfen, welchen Raum der Talfahrer benötigt und pflichtgemäß so weit wie möglich Platz zu machen. Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe die “Acropolis“ der “Waldhof“ einen geeigneten Weg zur Vorbeifahrt gewährt. Die Behauptung der Klägerin, dass die “Acropolis“ der “Waldhof“ einen ungünstigen Kurs aufgezwungen und diese in die stärkere Strömung am kurvenäußeren Ufer abgedrängt habe, sei durch den Sachverständigen nicht bestätigt worden. Vielmehr habe die Auswertung von Radarbildern ergeben, dass die “Acropolis“ die grüne Fahrrinnentonne “hart“ angefahren habe. Auch im Verlauf der Begegnung sei sie dicht am linken Fahrrinnenrand und damit auf dem optimalen Kurs gefahren.

Eingeschränkte Manövrierfähigkeit der Klägerin nicht erkennbar

Schließlich habe die “Acropolis“ auch nicht deshalb warten müssen, weil die “Waldhof“ nur eingeschränkt manövrierfähig gewesen sei. Zwar habe die Beladung des Schiffes in gravierender Weise den europäischen Beladungsvorschriften widersprochen und das Schiff habe bereits nach der Beladung Schlagseite nach Steuerbord gehabt. Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Besatzung der “Acropolis“ von den Problemen der “Waldhof“ Kenntnis gehabt hätte oder die Probleme hätte bemerken müssen. Nicht feststellbar sei gewesen, dass die “Acropolis“ gegen eine Absprache mit der “Waldhof“ verstoßen habe, sich am “Betteck“ nicht zu begegnen. Im Ergebnis gebe es deutliche Anhaltpunkte, dass die “Waldhof“ allein wegen der falschen Beladung so instabil gewesen sei, dass sie angesichts der erheblichen Querströmungen und der engen Kurve im Bereich des “Betteck“ nicht mehr ausreichend steuerbar gewesen sei.

OLG Köln, Urteil vom 20.03.2018 - 3 U 209/13

Redaktion beck-aktuell, 20. März 2018.

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