Klage auf Rückzahlung eines Spieleinsatzes beim Online-Glücksspiel erfolgreich

Ein Spieler, der an illegalen Online-Glücksspielen teilgenommen hatte, klagte auf Rückzahlung seiner Spieleinsätze. Während die erste Instanz ihm das noch verwehrte, entschied das Berufungsgericht zu seinen Gunsten und bejahte einen Rückzahlungsanspruch. Das Oberlandesgericht Köln begründete dies mit der Nichtigkeit des Spielvertrags aufgrund des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 (Glücksspielstaatsvertrag). Die Revision wurde nicht zugelassen.

Rückforderungsanspruch nach Bereicherungsvorschrift

Der Kläger hatte auf der von der Beklagten - von ihrem Sitz im europäischen Ausland aus - betriebenen Website an den Online-Glücksspielen "Poker" und "Black Jack" teilgenommen. Seine auf die Rückzahlung seiner Spieleinsätze gerichtete Klage hatte das erstinstanzlich zuständige Landgericht abgewiesen. Das OLG gab ihm aber Recht. Es verwies zunächst darauf, dass die Anwendung deutschen Rechts aus Art. 6 Abs. 1 lit b) Rom-I-VO folge. Mit Anwendung dieser Vorschrift könne der Kläger Rückzahlung seiner Spieleinsätze nach der bereicherungsrechtlichen Vorschrift des § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB verlangen.

Spielvertrag nichtig

Der zwischen den Parteien geschlossene Spielvertrag sei gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 von Anfang an nichtig gewesen. Denn nach dieser Vorschrift sei im maßgeblichen Zeitraum das Veranstalten von Glücksspielen im Internet verboten gewesen, so das OLG weiter. Auch sei die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 im fraglichen Zeitraum wirksam und auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar gewesen. Der Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB stehe auch nicht entgegen, dass sich die Verbotsnorm des § 4 Abs. 4 GlüStV nur an die Beklagte, nicht jedoch an den Kläger richte. Zwar sei in dem Falle, dass das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner treffe, regelmäßig nicht von der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts auszugehen. Dies sei hier aber anders zu beurteilen, denn es würde dem Sinn und Zweck, insbesondere der Bekämpfung der Spielsucht und dem Jugendschutz, zuwiderlaufen, geschlossene Verträge über Online-Glücksspiele trotz des Verbots als wirksam anzusehen.

Ausschlussnorm greift nicht

Auch scheidet die Rückforderung laut OLG nicht wegen Eingreifens einer Ausschlussnorm aus. Denn § 762 Abs. 1 S. 2 BGB setze eine hier nicht gegebene Wirksamkeit des Spiel- und Wettvertrages voraus. Im Rahmen der Ausschlussnorm des § 817 S. 2 BGB sei zu berücksichtigten, dass die deutschsprachige Internetseite sowie der deutschsprachige Kundenservice der Beklagten dem Grunde nach durchaus geeignet seien, den Anschein von Legalität zu vermitteln. Auch nach Betrachtung der AGB der Beklagten ergebe sich keine andere Beurteilung. Denn die vollständige Erfassung oder sogar inhaltliche Auseinandersetzung des Verbrauchers damit könne nicht erwartet werden, namentlich dann nicht, wenn diese lediglich elektronisch abrufbar und von gewissem Umfang seien. Selbst wenn man annehme, die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB erfasse auch leichtfertiges Handeln, ergebe sich kein anderes Ergebnis. Denn ein derartiges Handeln des Klägers sei nicht anzunehmen. Insbesondere könne der Inhalt von § 4 GlüStV 2012, zumal bei einem juristischen Laien, nicht ohne weiteres als bekannt vorausgesetzt werden.

Angebot gilt nicht nur in Schleswig-Holstein

Soweit die Werbung für Online-Glücksspiele im Übrigen einen textlich dargestellten und/oder schnell gesprochenen Hinweis dahingehend beinhalte, das Angebot richte sich nur an Spieler in Schleswig-Holstein, führt auch dies laut OLG zu keiner anderen Beurteilung. Denn eine allgemeine Bekanntheit des generellen Verbots von Online-Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes in Deutschland lasse sich daraus nicht herleiten. Jedenfalls bedürfe es einer einschränkenden Auslegung des § 817 S. 2 BGB. Denn es dürfe nicht außer Betracht bleiben, welchen Zweck das in Frage stehende Verbotsgesetz verfolge. Der Anspruch des Klägers war dem OLG zufolge auch nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit ausgeschlossen.

Weitere Anspruchsgrundlage - Kein Mitverschulden

Ferner ergibt sich der Anspruch des Klägers laut OLG auch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1, 4 GlüStV und mit § 284 StGB. Die beiden letztgenannten Vorschriften seien Schutzgesetze im Sinn von § 823 Abs. 2 BGB und die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt. Des Weiteren sei der Anspruch des Klägers auch nicht gemäß § 254 BGB aufgrund eines überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen oder beschränkt. Denn ein Verschulden des Klägers in eigenen Angelegenheiten durch die freiwillige Hingabe des Geldes zu Zwecken des Online-Glücksspiels anzunehmen, liefe Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4 GlüStV zuwider und konterkariere auch dessen Charakter als Schutzgesetz.

Verjährungseinrede erfolglos

Schließlich waren die Ansprüche des Klägers laut OLG auch nicht gemäß §§ 195, 199 BGB verjährt. Denn der Kläger habe schlüssig und seitens der Beklagten nicht erheblich bestritten dargetan, dass er erst im Jahr 2021 aufgrund entsprechender Berichterstattung in den Nachrichten von der möglichen Unwirksamkeit der mit der Beklagten geschlossenen Verträge erfahren habe. Die Verjährungsfrist habe somit erst mit Ende des Jahres 2021 zu laufen begonnen.

OLG Köln, Urteil vom 31.10.2022 - 19 U 51/22

Gitta Kharraz, 15. November 2022.