OLG Köln: Bei Hilfe für Dritte darf kein unverhältnismäßiges Risiko eingegangen werden

Nimmt jemand fremde Aufgaben wahr, kann er einen hieraus entstehenden Schaden jedenfalls dann nicht ersetzt verlangen, wenn das Verhältnis zwischen dem Anlass für das Verhalten und dem dabei eingegangenen Risiko unangemessen ist. Dies hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 11.02.2020 entschieden. Geklagt hatte eine über 70-jährige Frau aus dem Aachener Umland, die beim Versuch, eine verstopfte Bachverrohrung freizulegen, gestürzt war (Az.: 7 U 311/19).

Schnittwunde zugezogen und Brille verloren

Nach dem Inhalt ihrer Klage war die Frau im Februar 2019 bei ihrer Tochter zu Besuch, als der hinter dem Grundstück der Tochter verlaufende Bach überzulaufen drohte. Dies sei auf Reisig zurückzuführen gewesen, das den Bachlauf an einer Stelle verstopft habe, an der der Bach in einem Rohr unter einem Feldweg hindurchgeführt wird. Die Klägerin habe daraufhin erfolglos versucht, den für den Bach verantwortlichen öffentlich-rechtlichen Wasserverband – die Beklagte – zu erreichen. Bereits früher habe es Überschwemmungen gegeben, bei denen Wasser in den Keller des Wohnhauses gelaufen sei. Daher habe die Klägerin versucht, die Verstopfung selbst zu beseitigen. Dabei sei sie in den Bach gefallen. Sie habe sich eine Schnittwunde zugezogen sowie ihre Brille verloren. Die Klägerin hat daraufhin die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz – insgesamt rund 2.000 Euro – in Anspruch genommen. Die Klage stützte sie auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag. Sie meint, einen Anspruch auf Schadenersatz zu haben, weil sie im Interesse der Beklagten deren Aufgabe übernommen und hierbei einen Schaden erlitten habe.

Klage erfolglos: Handlung lag nicht im objektiven Interesse der Beklagten

Mit Urteil vom 12.09.2019 hat das Landgericht Aachen die Klage abgewiesen. Das OLG Köln hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen, nachdem es bereits mit Beschluss vom 14.01.2020 auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hatte. Die Klägerin sei nicht im Interesse der Beklagten tätig geworden. Die Klägerin habe zwar hoheitliche Aufgaben der Beklagten wahrgenommen, indem sie eine Verstopfung des überlaufenden Baches zu lösen versucht habe. Es sei jedoch nach objektiven Kriterien zu beurteilen, ob die Klägerin im Interesse der Beklagten gehandelt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, ob die Vorteile für die Beklagte die anfallenden Kosten und die drohenden Risiken überwögen. Unsachgemäße und überflüssige Maßnahmen lägen nicht im Interesse der Beklagten. Davon sei aber im vorliegenden Fall auszugehen. Mit dem Versuch der über 70-jährigen Klägerin, eigenhändig eine Verstopfung der Bachverrohrung zu beseitigen, sei diese ein unverhältnismäßig hohes Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit eingegangen. Dies habe nicht im objektiven Interesse der Beklagten gelegen.

OLG Köln, Beschluss vom 11.02.2020 - 7 U 311/19

Redaktion beck-aktuell, 6. Mai 2020.