Abgasskandal: VW haftet für Gebrauchtwagenkauf nach ad-hoc-Mitteilung
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Volkswagen muss einem vom Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagenkäufer wegen sittenwidriger Schädigung Schadenersatz leisten, obwohl dieser das Fahrzeug erst rund 15 Monate nach VWs ad-hoc-Mitteilung gekauft hatte. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, wie die Kanzlei "Rogert & Ulbrich" mitteilte. Entscheidend war dabei, dass bei Kauf bereits das Software-Update aufgespielt war. 

"Dieselgate"-Gebrauchtwagen mit Softwareupdate Ende 2016 erworben

Laut Angaben der Kanzlei hatte der Kläger im Dezember 2016, also rund 15 Monate nach der ad-hoc-Meldung von Volkswagen, einen vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagen erworben, auf den bei Kauf aber bereits das Software-Update aufgespielt war. Der Kläger begehrte von VW Schadenersatz wegen sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB. Er war in der ersten Instanz erfolgreich. Dagegen legte VW Berufung ein.

OLG: VW aus § 826 schadensersatzpflichtig

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das OLG habe die Haftung von VW aus § 826 BGB bestätigt, obwohl der Kläger das Fahrzeug nach der ad-hoc-Meldung vom 22.09.2015 gekauft und der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.07.2020 (BeckRS 2020, 19146) Schadenersatzansprüche aus § 826 BGB bei Kauf eines Gebrauchtwagens nach Publikwerden des Abgasskandals verneint habe, so die Kanzlei.

BGH verneint bei Kauf eines Gebrauchtwagens nach ad-hoc-Meldung Sittenwidrigkeit

Der BGH hielt in seinem Urteil die ad-hoc-Meldung für objektiv geeignet, "das Vertrauen potenzieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören, diesbezügliche Arglosigkeit also zu beseitigen". Es sei nicht mehr damit zu rechnen gewesen, dass Käufer von gebrauchten VW-Fahrzeugen mit Dieselmotoren die Gesetzeskonformität noch als selbstverständlich voraussetzen würden. Die Volkswagen AG habe "ihre strategische unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse das KBA und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, ersetzt durch die Strategie, an die Öffentlichkeit zu treten, Unregelmäßigkeiten einzuräumen und in Zusammenarbeit mit dem KBA Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands zu erarbeiten, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen".

OLG verneint Zäsurwirkung der ad-hoc-Meldung – Unzulänglichkeit des Updates verschleiert

Wie "Rogert & Ulbrich" schreiben, kam das OLG im vorliegenden Fall nach einer Gesamtschau aber zu dem Ergebnis, dass die ad-hoc-Meldung die Arglosigkeit nicht beseitigt und damit keine Zäsurwirkung gehabt habe. Das OLG sei davon ausgegangen, dass das Software-Update nicht zu einem gesetzeskonformen Zustand des Fahrzeugs geführt und VW dies durch eine Manipulation des "On Board Diagnosis-Systems" – und damit durch eine ununterbrochen fortgesetzte Täuschung – zu verschleiern versucht habe. Daher sei das Verhalten von VW weiterhin als sittenwidrig zu bewerten.

Ad-hoc-Mitteilung beinhaltete keinen Strategiewechsel

Im Gesamtzusammenhang des Verhaltens von Volkswagen habe die ad-hoc-Mitteilung tatsächlich objektiv darauf abgezielt, soviel wie möglich von der Arglosigkeit zu erhalten und mit der Zusage eines vom KBA genehmigten Updates, das angeblich alle Unstimmigkeiten beseitigen würde, zu nähren, so die Kanzlei. Auf diesem Boden sei es möglich gewesen, die Erwartung zu begründen, mit dem Software-Update würden die öffentlich eingeräumten "Unregelmäßigkeiten" endgültig beseitigt und ein gesetzmäßiger Zustand hergestellt sein.

OLG Köln, Urteil vom 18.12.2020 - 20 U 288/19

Redaktion beck-aktuell, 22. Dezember 2020.