OLG Koblenz zum Dieselskandal: Zurückzuzahlender Kaufpreis ab Kaufdatum in Höhe der Wertminderung zu verzinsen

Das Oberlandesgericht Koblenz hat dem Käufer eines Kfz, in dem ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 mit unzulässiger Abschalteinrichtung verbaut ist, einen Anspruch gegen die Fahrzeug- und Motorherstellerin aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung zuerkannt. Der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung mindere den Wert des Fahrzeugs, da diesem durch die Manipulation schon im Zeitpunkt der Übergabe das Risiko der Stilllegung angehaftet habe. Der Fahrzeughersteller müsse dem Käufer daher aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nicht nur den Kaufpreis zurückerstatten, sondern diesen in Höhe der Wertminderung auch ab Zahlung des Kaufpreises verzinsen (Urteil vom 16.09.2019, Az.: 12 U 61/19).

Golf-Käufer verlangte Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Kfz

Der Kläger hatte im März 2011 einen VW Golf als Gebrauchtwagen zu einem Gesamtpreis von 25.700 Euro gekauft. Nach Bekanntwerden des Manipulationsvorwurfs hat er die Herstellerin des Fahrzeugs und Motors im Weg des Schadenersatzes unter anderem auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch genommen. Bereits das Landgericht hatte dem Kläger einen Schadenersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zugesprochen. Das OLG hat dies im Berufungsverfahren bestätigt.

Schaffung des Risikos der Kfz-Stilllegung zur Gewinnmaximierung sittenwidrig

Die beklagte Fahrzeugherstellerin habe den Anschein erweckt, die von ihr produzierten Fahrzeuge entsprächen den gesetzlichen Vorgaben und seien uneingeschränkt nutzbar, führt das OLG aus. Tatsächlich habe sie jedoch durch den Einbau der durch das Kraftfahrtbundesamt beanstandeten Steuerungssoftware eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet und hierdurch das Risiko einer Stilllegung des Fahrzeugs geschaffen, wobei die Gewinnmaximierung Triebfeder ihres Handelns gewesen sei. Dies sei bei einer Gesamtwürdigung als sittenwidrig einzustufen.

Schaden liegt im Kauf des Pkw

Der Kläger habe auch durch dieses sittenwidrige Vorgehen der beklagten Fahrzeugherstellerin einen Schaden erlitten, indem er ein Fahrzeug erworben habe, das hinter seiner Vorstellung zurückgeblieben sei, da er von einem ordnungsgemäß ausgerüsteten Fahrzeug ausgegangen sei. Der Schaden des Klägers liege also im Kauf des Pkw, weshalb er von der beklagten Fahrzeugherstellerin die faktische Rückabwicklung des Vertrages verlangen könne.

Rückabwicklung umfasst Rückzahlung des Kaufpreises und dessen Verzinsung

Dies umfasse nicht nur die Rückzahlung des – um den Nutzungsvorteil gekürzten – Kaufpreises, sondern auch die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises in Höhe des manipulationsbedingten Minderwerts des Fahrzeugs ab Datum der Kaufpreiszahlung. Dieser Anspruch folge aus § 849 BGB. Nach dieser Vorschrift könne derjenige, der durch eine unerlaubte Handlung dazu gebracht werde, Geld zu überweisen oder zu übergeben, vom Schädiger eine Verzinsung jenes Betrages verlangen, hinter dem der Wert des im Gegenzug zur Zahlung Erlangten zurückbleibt. Diesen Minderwert schätzte das OLG beim Einbau der unzulässigen Steuerungssoftware auf etwa zehn Prozent des für das Fahrzeug gezahlten Kaupreises. Das OLG hat die Revision zugelassen.

OLG Koblenz, Urteil vom 16.09.2019 - 12 U 61/19

Redaktion beck-aktuell, 18. November 2019.

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