Staat haftet nicht für Schäden an tiefergelegtem Ferrari

Der Fahrer eines (hier serienmäßig) tiefergelegten Ferrari F40 muss eine erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht walten lassen. Wird das Fahrzeug aufgrund einer erkennbaren Fahrbahnunebenheit beschädigt, haftet der Straßenbaulastträger nicht dafür. Darauf hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Beschluss hingewiesen. Die Zulassung des Fahrzeugs enthalte nicht die Zusicherung, alle öffentlichen Straßen könnten gefahrlos befahren werden.

Verbandsgemeinde soll für Beschädigung eines serienmäßig tiefergelegten Ferrari haften

Der Versicherungsnehmer der Klägerin befuhr im August 2019 mit seinem mehrere Jahrzehnte alten, serienmäßig tiefergelegten Ferrari F40 – manche historische F40 werden im Internet für mehr als eine Million Euro gehandelt – eine enge Seitenstraße in der rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde Cochem an der Mosel. Beim Ausweichen wegen parkender Autos auf eine abfallende Regenrinne soll der Sportwagen auf einen herausstehenden Gullydeckel aufgesetzt und dadurch beschädigt worden sein. Die Kaskoversicherung nahm die beklagte Verbandsgemeinde als Straßenbaulastträgerin auf Schadensersatz in Höhe von rund 62.000 Euro in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage ab, da die Beklagte keine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Der Fahrer des tiefer gelegten Ferrari hätte die Fahrbahnunebenheiten erkennen können und seine Fahrweise entsprechend anpassen müssen. Dies sah die Klägerin anders und legte Berufung ein.

OLG: Bei tiefergelegtem Fahrzeug erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht geboten

Auf Hinweis des Senats nahm die Klägerin aber nun ihre Berufung zurück. Das OLG (BeckRS 2021, 40968) erläuterte, Maßnahmen des Verkehrssicherungspflichtigen seien regelmäßig nicht geboten, wenn die Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung der Straße und Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit etwaige Schäden selbst abwenden können. Werde eine Gefährdung - wie hier - durch risikoerhöhende Umstände wie die Tieferlegung des Fahrzeugs wesentlich (mit-) begründet, müsse der Fahrzeugführer dies durch erhöhte eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht kompensieren. Selbst wenn eine Straße mit einem allgemein schlechten Ausbauzustand abhilfebedürftige Gefahrenquellen in Form von erkennbaren Unebenheiten aufweise, müsse eine Haftung des Straßenbaulastträgers aus der Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht hinter das (Mit-) Verschulden des Fahrzeugführers zurücktreten, wenn dieser die Straße mit einem tiefergelegten Fahrzeug befahre.

Zulassung enthält keine Zusicherung gefahrloser Nutzbarkeit aller Straßen

Die Verkehrssicherungspflicht beinhalte nicht die Pflicht, mit erheblichen Kosten für die Allgemeinheit dafür Sorge zu tragen, dass die Straße auch für "nicht alltagstaugliche" Fahrzeuge wie den streitgegenständlichen Ferrari gefahrlos nutzbar sei. Dem stehe nicht entgegen, dass das Fahrzeug serienmäßig tiefergelegt und für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassen sei. Die Zulassung eines Sportfahrzeugs mit entsprechend geringer Bodenfreiheit beinhalte gerade nicht die Zusicherung, dass alle öffentlichen Straßen gefahrlos benutzt werden könnten.

OLG Koblenz, Beschluss vom 07.12.2021 - 12 U 1012/21

Redaktion beck-aktuell, 25. März 2022 (ergänzt durch Material der dpa).