Folter in Syrien: Viereinhalb Jahre Haft für Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Das Oberlandesgericht Koblenz hat heute einen Syrer wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Der Mann habe als Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes festgenommene Demonstranten auf ihrem Transport in ein Gefängnis begleitet, wissend, dass dort systematisch gefoltert wurde.

Beilhilfe zu systematischer Folter

Laut OLG leistete Eyad A. im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs des Assad-Regimes auf die Zivilbevölkerung zur Unterdrückung oppositioneller Kräfte Beihilfe zu schwerwiegender Freiheitsberaubung und Folter. Er sei Mitarbeiter des Syrischen Geheimdienstes gewesen und habe im Herbst 2011 30 festgenommene Demonstranten auf ihrem Transport in ein Gefängnis begleitet, in dem diese brutal misshandelt und systematisch gefoltert worden seien. Eyad A. habe auch bereits bei der Festnahme der Demonstranten gewusst, dass in dem Gefängnis Menschen systematisch gefoltert wurden. Das OLG stützte seine Überzeugung dabei maßgeblich auf Angaben des Angeklagten in seinem Asylverfahren und bei einer polizeilichen Vernehmung.

Strafmildernde und -schärfende Aspekte

Strafmildernd berücksichtigte das OLG unter anderem, dass Eyad A. die Tat unter Einbindung in eine strikt hierarchische, keine Abweichung duldende Befehlsstruktur begangen habe. Ferner habe er sich schon 2012 von dem Regime abgewandt. Außerdem habe er Aufklärungshilfe geleistet, die auch zur Anklage des gesondert verfolgten Anwar R. geführt habe. Strafschärfend berücksichtigte das OLG unter anderem, dass Eyad A. freiwillig und langjährig dem repressiven Sicherheitsapparat gedient habe. Zudem sei er zu einem Zeitpunkt, zu dem die Niederschlagung der Protestbewegung bereits gelaufen sei, freiwillig von einer reinen Bürotätigkeit wieder in den operativen Bereich zurückgekehrt.

Verteidigung machte entschuldigenden Notstand geltend

Einen entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB), den die Verteidigung geltend gemacht hatte, sah das OLG nicht. Es sei schon nicht zu erkennen, dass der Angeklagte überhaupt eine Strategie gesucht hätte, mit der er sich dem Befehl zur Verfolgung und Festnahme der Demonstranten hätte entziehen können.

OLG Koblenz, Urteil vom 24.02.2021 - 1 StE 3/21

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2021.