OLG Koblenz: Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in Sparkassen-Immobiliendarlehensverträgen

Das Oberlandesgericht Koblenz hat den Widerruf von drei Immobiliendarlehensverträgen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen, unter anderem wegen des Zusatzes "Bitte Frist im Einzelfall prüfen", für wirksam erachtet und die beklagte Sparkasse zur Rückabwicklung verurteilt. Dies hat die Kanzlei Hahn Rechtsanwälte am 08.08.2017 mitgeteilt. Das OLG betone, dass das Widerrufsrecht auch nicht durch den Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen verwirkt werde (Urteil vom 16.06.2017, Az.: 8 U 1107/16).

Widerruf inzwischen abgelöster Darlehensverträge

Laut Mitteilung von Hahn Rechtsanwälte ging es in dem Prozess um den Widerruf von drei Darlehensverträgen. In den Widerrufsbelehrungen, die die beklagte Sparkasse Mittelmosel - Eifel Mosel Hunsrück verwendete, fand sich der Zusatz "Bitte Frist im Einzelfall prüfen". Außerdem hieß es, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt der Belehrung". Die Verträge waren 2014 wegen eines Immobilienverkaufs abgelöst worden. Die Kläger mussten damals Vorfälligkeitsentschädigungen an die Sparkasse zahlen. Im Juni 2015 widerriefen die Kläger die Darlehensverträge. Das Landgericht Trier erachtete die Widerrufserklärungen für wirksam. Gegen das Urteil des LG legte die Sparkasse Berufung ein.

OLG: Zusatz "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" verstößt gegen Deutlichkeitsgebot

Das OLG hat die Berufung weitgehend zurückgewiesen. Das LG habe zu Recht die Wirksamkeit der Widerrufserklärungen angenommen. Denn die Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft gewesen, so dass Widerrufsfristen nicht in Lauf gesetzt worden seien. Der in den Widerrufsbelehrungen verwendete Zusatz "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot und vermittle dem Verbraucher den falschen Eindruck, er müsse die in seinem Falle geltende Frist selbst feststellen.

Fristbeginn "frühestens mit Erhalt der Belehrung" ebenfalls fehlerhaft

Als fehlerhaft monierte das OLG die Widerrufsbelehrungen auch in Bezug auf den Fristbeginn. Der Verbraucher könne der Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt der Belehrung", nur entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhänge. Es bleibe jedoch im Unklaren, um welche Voraussetzungen es sich hier handle.

Keine Verwirkung des Widerrufsrechts durch Aufhebungsvereinbarungen

Außerdem hätten die Widerrufsbelehrungen weder dem damals geltenden Belehrungsmuster entsprochen, noch stelle die Ausübung der Widerrufsrechte eine unzulässige Rechtsausübung dar. Auch der Einwand der Verwirkung greife nicht. Wie Hahn Rechtsanwälte schreiben, weise das OLG ausdrücklich darauf hin, dass nach obergerichtlicher Rechtsprechung der Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen das Widerrufsrecht nicht entfallen lasse.

OLG Koblenz, Urteil vom 16.06.2017 - 8 U 1107/16

Redaktion beck-aktuell, 8. August 2017.