Doch kein Schadensersatz für das Thermofenster? Eine Momentaufnahme
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Die Grundsatzentscheidung des BGH zum Differenzschadensersatz in Dieselfällen hat die Position der klagenden Käufer verbessert – jedenfalls wirkte es so. Aktuelle Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte vermitteln einen anderen Eindruck: Danach soll es am Verschulden der Hersteller fehlen.

Nach der Entscheidung des EuGH vom März 2023 (NJW 2023, 1111) konnte der BGH seine bisherige Linie in den Dieselfällen nicht mehr halten: Während man in Karlsruhe zuvor davon ausgegangen war, dass die europarechtlichen Vorschriften über die Zulassung von Fahrzeugtypen nicht die einzelnen Käufer von Dieselfahrzeugen schützen, verlangten die Europarichter einen entsprechenden Individualschutz.

In drei Entscheidungen vom 26.06.2023 (NJW 2023, 2259; NJW 2023, 2270 und BeckRS 2023, 14774) reagierte der VIa. Zivilsenat: Er entschied, dass bei Ausgabe einer (durch eine unzulässige Abschalteinrichtung) fehlerhaften Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne von §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV durch den Hersteller ein Differenzschadensersatz möglich sei, gestützt auf die Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den europarechtlichen Normen.

Als klare Bedingung forderte der BGH dabei ein Verschulden des Herstellers, ging aber bei Verletzung eines Schutzgesetzes von einer (widerlegbaren) Vermutung für ein schuldhaftes Handeln aus (NJW 2023, 2259 Rn. 59).

Hürden höher als erwartet?

Die ersten Bewertungen der neuen Linie des BGH ließen erwarten, dass sich die Aussichten der Käufer von Dieselfahrzeugen mit Schummelsoftware verbessert haben könnten (so Schaub NJW 2023, 2236 Rn. 14; Müller BB 2023, 1795 (1801)).

Eine jetzt bekanntwerdende Welle von Entscheidungen der Oberlandesgerichte lässt jedoch eine andere Tendenz erkennen: Die Gerichte lassen die Haftung der Hersteller an deren fehlendem Verschulden scheitern.

Die Entscheidungen von insgesamt neun OLG, die die beck-aktuell-Redaktion ausgewertet hat, verweisen auf die Einschätzungen des Kraftfahrtbundesamts (KBA), wonach keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorgelegen hätten. Die Gerichte ziehen daraus den Schluss, dass den Herstellern insoweit kein zum Schadensersatz führender Vorwurf gemacht werden könne. Teilweise stellen die Senate ausdrücklich fest, dass sich die Autobauer in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hätten.

In vier weiteren aktuellen Fällen lehnten Oberlandesgerichte einen Schadensersatzanspruch aus anderen Gründen ab. Alle Entscheidungen finden Sie in den weiterführenden Links.

OLG Koblenz, Urteil vom 27.07.2023 - 6 U 1270/22

Redaktion beck-aktuell, Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 8. August 2023.