Schönheits-OP: Vorher-Nachher-Werbung verboten - auch mit Avatar

Für Schönheitsoperationen darf nicht mit vergleichenden Vorher-Nachher-Bildern geworben werden. Das gilt auch, wenn statt eines echten Menschen ein Avatar abgebildet ist, wie das OLG Koblenz mit Verweis auf den Normzweck entschieden hat.

§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG verbietet es, für operative plastisch-chirurgische Eingriffe (Schönheitsoperationen) mithilfe von Vorher-Nachher-Darstellungen zu werben. Das Verbot umfasst dabei sämtliche erkennbare Darstellungen menschlicher Körper, gleich ob es sich dabei um ein Foto, eine Zeichnung oder – wie im vorliegenden Fall – um ein Avatar-Bild handelt. Der Zweck der Norm sei gerade, die suggestive Wirkung von Menschen-Abbildungen zu verhindern, die einen Anreiz für medizinisch nicht indizierte Behandlungen schaffen könnten, so das OLG (Urteil vom 23.04.2024 – 9 U 1097/23). Diese Suggestion könne auch von Avatar-Bildern ausgehen. Es wies die Berufung einer Spezialklinik für ästhetische Chirurgie zurück.

Auf ihrer Webseite warb die Klinik mit diesem Bild, das auch im Urteil abgedruckt ist.

Mithilfe dieses Bildes hatte die Klinik auf ihrer Website für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure geworben, die Avatare unterscheiden sich deutlich in ihrer Lippendarstellung. Erstinstanzlich hatte die Klinik argumentiert, bei der Illustration handele es sich nicht um eine Darstellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG. Nur fotografische Darstellungen eines "Vorher-Nachher-Vergleiches" könnten suggestiv wirken, da Verbraucher dazu neigten, Fotografien auf sich zu beziehen, argumentierte die Klinik. Die Vorschrift des § 11 HWG verlange daher eine fotorealistische Darstellung von Personen. Die Avatare seien demgegenüber erkennbar vergröbert, schematisiert und unrealistisch gehalten und deshalb keine Darstellung im Sinne des § 11 HWG. Das Erfordernis der "Darstellung" sei insoweit unbestimmt und müsse teleologisch auf Fotografien reduziert werden.

Das hatte das LG Mainz anders gesehen und der Unterlassungsklage eines Wirtschaftsverbands stattgegeben. Als qualifizierter Verband im Sinne des § 8b UWG war er klagebefugt gewesen.

OLG: Karikaturen sogar besonders drastisch

Das OLG Koblenz hat die Rechtsauffassung des LG bestätigt. Nachdem das Gericht kurz klarstellte, dass das Lippenunterspritzen ein plastisch-chirurgischer Eingriff im Sinne des § 11 HWG sei, widmete es sich dem Wortlaut sowie dem Zweck der Norm. § 11 HWG stelle gerade nicht auf Fotografien ab, sondern verwende den Begriff der Darstellung. Was auch dem Sinn und Zweck der Norm entspreche, nämlich suggestive und irreführende Formen der Werbung zu unterbinden, die Anreize für medizinisch nicht indizierte Eingriffe schaffen könnten.

Auf Technik, Stil oder Art der medialen Wiedergabe komme es gerade nicht an. Vielmehr sei jede erkennbare Darstellung des menschlichen Körpers geeignet, Suggestivwirkung zu entfalten, so das Gericht. Das gelte für schematisierende oder stilisierende Darstellungen ganz besonders, weil gerade solche Karikaturen Erscheinungsbilder oftmals drastisch wiedergäben. Eine einschränkende Auslegung des Begriffs "Darstellung" sei daher gerade nicht geboten.

OLG Koblenz, Urteil vom 23.04.2024 - 9 U 1097/23

Redaktion beck-aktuell, dd, 5. August 2024.