OLG Karlsruhe: Rhein-Neckar-Zeitung hat keinen Anspruch gegen AfD-Kreisverband auf Unterlassung unliebsamen Tweets

Die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) ist mit einer Klage gegen einen sie betreffenden Tweet des AfD-Kreisverbandes Heidelberg auch in zweiter Instanz gescheitert. Wie schon das Landgericht Heidelberg erachtete auch das Oberlandesgericht Karlsruhe die angegriffene Aussage des Kreisverbandes und dessen Schatzmeisters, "die RNZ GmbH unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg" als Werturteil, das den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit genießt. Die RNZ werde durch die Äußerung nicht diffamiert (Urteil vom 24.10.2018, Az.: 6 U 65/18).

Umstrittene Äußerung über Twitter

Die Rhein-Neckar-Zeitung GmbH beantragte, den AfD-Kreisverband Heidelberg und dessen Schatzmeister zur Unterlassung der Aussage zu verurteilen, "die RNZ GmbH unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg". Diese Aussage verbreitete der Schatzmeister des AfD-Kreisverbandes Heidelberg in einem Beitrag auf seinem Twitter Account zusammen mit weiteren Behauptungen und einer Videosequenz, in der die Aussage wiederholt wurde.

RNZ sah sich durch Äußerung diffamiert

Das Landgericht Heidelberg hat den Antrag der RNZ GmbH auf Unterlassung dieser Äußerung mit Urteil vom 09.05.2018 (Az.: 1 O 42/18) zurückgewiesen, da es sich bei der angegriffenen Äußerung um eine wertende Meinungsäußerung handele, die dem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 GG unterliege. Gegen diese Entscheidung hatte die RNZ GmbH Berufung eingelegt und ausgeführt, bei der Aussage, die RNZ unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, die objektiv falsch und diffamierend sei.

Keine Tatsachenbehauptung

Das OLG Karlsruhe hat die Entscheidung des LG Heidelberg bestätigt. Bei der angegriffenen Aussage handele es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um ein – pauschales – Werturteil und damit um eine Meinungsäußerung. Meinungsäußerungen seien weitgehend durch das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG) geschützt, während unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig seien. Eine konkret greifbare Tatsache, was mit der behaupteten "Unterstützung" gemeint sein soll, lasse sich der angegriffenen Äußerung nicht entnehmen. Die Aussage sei zudem im Zusammenhang mit weiteren, klar wertenden Aussagen getroffen worden, sodass die Äußerung insgesamt als pauschales Werturteil, also eine Meinungsäußerung, zu beurteilen sei. Daher sei auch nicht darüber zu entscheiden gewesen, ob die Äußerung wahr oder unwahr ist.

Kein Fall unzulässiger Schmähkritik

Bei der bei Meinungsäußerungen vorzunehmenden Abwägung des unternehmerischen Persönlichkeitsrechts der RNZ GmbH gegen das Interesse der Beklagten an der freien Rede überwiege das Interesse der Beklagten. Ein Ausnahmefall, in dem auch eine Meinungsäußerung unzulässig ist, liege nicht vor. So sei die Grenze zur sogenannten Schmähkritik – also einer Äußerung, bei der die Diffamierung der Person nahezu alleiniger Inhalt ist – nicht überschritten. Auch in seiner Pauschalität sei der Unterstützungsvorwurf nicht vorrangig auf eine Diffamierung der RNZ GmbH gerichtet. Für den Erhalt der wichtigen Funktion der Presse im demokratischen Staat als "Wachhund der Öffentlichkeit" sei es im Übrigen unabdingbar, dass auch Missstände bei der Presse Gegenstand der öffentlichen Diskussion sein können. Ob die geäußerte Kritik berechtigt ist, sei für den Schutz der Meinungsäußerung nicht entscheidend.

Beruhen der Äußerung auf konkreter Berichterstattung berücksichtigt

Bei der Abwägung hat das OLG eigenen Angaben zufolge auch berücksichtigt, dass die Beklagten im Rechtsstreit eine konkrete Berichterstattung – nämlich den Hinweis in der RNZ auf eine (Gegen-)Veranstaltung der AIHD bei gleichzeitigem Hinweis auf die anstehende Veranstaltung der AfD – als Grund für ihre umstrittene Äußerung nennen. Für die Zulässigkeit des vorliegenden Werturteils sei der Tatsachenkern – die RNZ berichtet über eine Veranstaltung der AIHD – hinreichend.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2018 - 6 U 65/18

Redaktion beck-aktuell, 5. November 2018.

Mehr zum Thema