Keine Zwangsmittel gegen betreuenden Elternteil zur Durchsetzung der Kindesanhörung

Kommt der betreuende Elternteil einer gerichtlichen Anordnung nicht nach, sein Kind zur Kindesanhörung zu bringen, kann der Elternteil nicht mit einem Ordnungs- oder Zwangsgeld belegt werden. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden und der sofortigen Beschwerde einer Mutter stattgegeben, die ein Ordnungsgeld von 500 Euro zahlen sollte. Laut OLG besteht insoweit eine Gesetzeslücke.

Nicht zur Kindesanhörung erschienen: Mutter soll Ordnungsgeld zahlen 

Wie die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins berichtet, lebt das dreijährige Kind bei der Mutter. Der Vater wollte den Umgang mit seinem Kind und die Informationspflicht gerichtlich regeln. Ein Termin zur Kindesanhörung musste, unter anderem wegen Erkrankungen des Kinds, mehrfach verschoben werden. Als die Mutter mit dem Kind zu einem neuerlich anberaumten Termin ohne Angabe von Gründen nicht erschien, bestimmte das Gericht einen Termin, ordnete das persönliche Erscheinen der Mutter an und gab ihr unter Hinweis auf Zwangsmittel nach § 35 Abs. 3 FamFG auf, für das Erscheinen des Kindes zu sorgen. Mutter und Kind erschienen wiederum nicht. Das Gericht setze gegen die Mutter ein Ordnungsgeld von 500 Euro fest. 

OLG: Keine Grundlage für Ordnungs- oder Zwangsgeld gegen Mutter

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Mutter war erfolgreich. Weder lägen die rechtlichen Voraussetzungen für ein Ordnungsgeld (§ 33 Abs. 3 FamFG) noch die für ein Zwangsgeld (§ 35 FamFG) vor. Zwar sei in § 33 Abs. 1 Satz 1 FamFG geregelt, dass das Gericht das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin anordnen könne, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts sachdienlich erscheine. In der Terminladung sei auch das persönliche Erscheinen der Mutter angeordnet worden, der Zusatz mache jedoch deutlich, dass dies nur das Erscheinen des Kinds sicherstellen sollte, wofür das Erscheinen der Mutter (jedenfalls) nicht erforderlich gewesen sei. Wegen des Nichterscheinens des Kindes könne gegen die Mutter kein Ordnungsgeld festgesetzt werden, da dies nur für den Beteiligten selbst vorgesehen sei. Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen das Kind komme nicht in Betracht, da ein Kleinkind nicht unentschuldigt fehle. Auch könne gegen die Mutter kein Zwangsgeld verhängt werden. § 35 FamFG erfordere eine in die Zukunft gerichtete gerichtliche Anordnung. Daran fehle es hier, da sich die gerichtliche Anordnung gegen die Mutter mit Verstreichen des Termins erledigt habe. 

Absehen von Kindesanhörung zu prüfen 

Laut OLG besteht hinsichtlich der Durchsetzung der Verpflichtung des betreuenden Elternteils, das Kind zur gerichtlichen Anhörung zu bringen, eine Gesetzeslücke. Zu prüfen wäre laut OLG dann ein Absehen von der Kindesanhörung nach § 159 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG oder eine punktuelle Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach § 1666 BGB. Auch eine einstweilige Anordnung ohne vorherige Anhörung des Kindes käme in Betracht. 

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.01.2023 - 5 WF 138/22

Redaktion beck-aktuell, 8. Mai 2023.