Keine gesteigerten Anforderungen an ärztliches Attest zu Befreiung von Maskenpflicht

Ein ärztliches Attest mit der Feststellung, dass eine Person "aus medizinischen Gründen bis auf weiteres keine Gesichtsmaske tragen kann", genügt den Anforderungen der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg an eine Befreiung von der Maskenpflicht. Dies stellt das Oberlandesgericht Karlsruhe klar und hob mit Beschluss vom 25.04.20222 die Verurteilung einer Frau zu einer Geldbuße auf (Az.: 2 Rb 37 Ss 25/22).

Einkaufsmarktbesuch ohne Maske, aber mit Attest

Die 59-Jährige hatte sich am Mittag des 12.12.2020 in einem Einkaufsmarkt in Sinsheim aufgehalten, ohne eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Sie hatte dabei ein am 26.08.2020 von einer Ärztin ausgestelltes Attest vorgelegt, wonach sie "aus medizinischen Gründen bis auf Weiteres keine Gesichtsmaske tragen kann".

AG bejahte Verstoß gegen Corona-Verordnung

Das Amtsgericht Sinsheim hatte darin einen Verstoß gegen die – zur fraglichen Zeit geltende – Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg gesehen. Ein ärztliches Attest könne nur von der Maskenpflicht befreien, so das AG Sinsheim, wenn es "die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die aufgrund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren" ebenso konkret benenne wie "relevante Vorerkrankungen" und "auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt" sei.

OLG: Von AG gestellte Anforderungen überzogen

Gegen diese Entscheidung hat das OLG Karlsruhe die Rechtsbeschwerde der Betroffenen zugelassen, das Urteil des AG Sinsheim aufgehoben und die Betroffene freigesprochen. § 3 Abs. 2 der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg in der am 12.12.2020 geltenden Fassung habe eine Ausnahme von der Maskenpflicht unter anderem für Personen enthalten, "die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitlichen oder sonstigen zwingenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, wobei die Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe in der Regel durch eine ärztliche Bescheinigung zu erfolgen hat". Die vom AG Sinsheim verlangten gesteigerten Anforderungen an diese ärztliche Bescheinigung seien dieser Regelung nicht zu entnehmen und auch vom Willen des Verordnungsgebers nicht gedeckt gewesen, so das OLG. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Redaktion beck-aktuell, 29. April 2022.