OLG Karls­ru­he: Keine An­sprü­che aus Kauf eines ge­brauch­ten Skan­dal-Die­sels im Jahr 2016

Ein Ge­braucht­wa­gen­käu­fer, der 2016 ein Die­sel­fahr­zeug er­wor­ben hat, von dem ihm be­kannt war, dass es vom Die­sel­skan­dal be­trof­fen ist (hier: ein VW Ti­gu­an 2,0 TDI) hat weder An­sprü­che gegen den Au­to­händ­ler noch gegen den Her­stel­ler. Dies stellt das Ober­lan­des­ge­richt Karls­ru­he im Hin­blick dar­auf klar, dass die VW AG die Öf­fent­lich­keit zu die­sem Zeit­punkt be­reits über die Im­ple­men­tie­rung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt-Soft­ware aus­rei­chend in­for­miert habe (Ur­teil vom 0901.2020, Az.: 17 U 133/19).

Ge­brauch­tes Kfz mit un­zu­läs­si­ger Ab­schalt­ein­rich­tung ge­kauft

Ein Ge­braucht­wa­gen­käu­fer hatte im April 2016 von dem be­klag­ten Au­to­haus ein ge­brauch­tes Fahr­zeug der Marke VW, Typ Ti­gu­an 2,0 TDI mit einem Ki­lo­me­ter­stand von 36.080 zu einem Kauf­preis von 25.900 Euro er­wor­ben. In dem Fahr­zeug ist ein von der VW AG her­ge­stell­ter Die­sel­mo­tor des Typs EA 189 mit 2,0 Liter Hub­raum ver­baut. Die­ser Motor ver­fügt über eine nach Auf­fas­sung des Kraft­fahr­bun­des­am­tes un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung. Der Klä­ger for­der­te vom Au­to­haus die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses gegen Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs unter An­rech­nung einer Nut­zungs­ent­schä­di­gung. Au­ßer­dem ver­lang­te er die Fest­stel­lung, dass die VW AG ihm Er­satz der Schä­den schul­de, die durch die ein­ge­bau­te Soft­ware zur Prüf­stan­d­er­ken­nung in der Mo­tor­steue­rung ver­ur­sacht wer­den.

Sit­ten­wid­ri­ge vor­sätz­li­che Schä­di­gung nicht kau­sal für Er­werb des Kfz

Das Land­ge­richt Baden-Baden hat die Klage ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Da der Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges Kennt­nis von der ma­ni­pu­la­ti­ven Mo­tor­steue­rung ge­habt habe, habe er keine Man­gel­ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che gegen den Händ­ler und auch keine An­sprü­che gegen die VW AG. Das OLG hat die Be­ru­fung des Klä­gers gegen das land­ge­richt­li­che Ur­teil zu­rück­ge­wie­sen. Die sit­ten­wid­ri­ge vor­sätz­li­che Schä­di­gung durch die VW AG wegen Ein­baus der Mo­tor­steue­rungs­soft­ware sei nicht kau­sal für den Er­werb eines (ge­brauch­ten) Fahr­zeugs, wenn der Käu­fer Kennt­nis von dem Vor­han­den­sein die­ser Soft­ware im ge­kauf­ten Fahr­zeug hatte.

Käu­fer hätte sich ge­ge­be­nen­falls über Wir­kungs­wei­se der Soft­ware in­for­mie­ren müs­sen

Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che gegen den Au­to­händ­ler be­stün­den in die­sem Fall eben­falls nicht (§ 442 Abs. 1 S. 1 BGB), so das OLG wei­ter. Selbst wenn der Käu­fer keine Kennt­nis von der ge­nau­en Wir­kungs­wei­se der Soft­ware ge­habt habe, habe er je­den­falls grob fahr­läs­sig ge­han­delt, wenn er sich nicht wei­ter er­kun­digt habe, ob­wohl er wuss­te, dass die Soft­ware in dem Fahr­zeug ein­ge­baut ist (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB).

Ver­mö­gens­scha­den der VW AG nach De­zem­ber 2015 nicht mehr zu­re­chen­bar

Der Zweit­käu­fer sei als mit­tel­bar Ge­schä­dig­ter einer sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Hand­lung zwar grund­sätz­lich in den Schutz­be­reich des § 826 BGB ein­be­zo­gen (BeckRS 2019, 28963). Ein Ver­mö­gens­scha­den durch den Kauf eines von dem Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs sei der VW AG aber ab Mitte De­zem­ber 2015 nicht mehr zu­re­chen­bar. Die VW AG habe zu die­sem Zeit­punkt die Öf­fent­lich­keit so weit­ge­hend in­for­miert, dass zwi­schen ihrem ur­sprüng­li­chen Ver­hal­ten – der Kon­zern­ent­schei­dung zur Im­ple­men­tie­rung der Soft­ware – und dem Er­werb des Fahr­zeugs kein recht­lich zu­re­chen­ba­rer Zu­sam­men­hang mehr be­stehe. Nicht aus­rei­chend für eine Un­ter­bre­chung des Zu­rech­nungs­zu­sam­men­hangs sei al­ler­dings die ad hoc Mit­tei­lung der VW AG vom 15.09.2015 ge­we­sen, merkt das OLG ab­schlie­ßend an.

Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de mög­lich

Das OLG hat die Re­vi­si­on nicht zu­ge­las­sen. Da­ge­gen kann Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zum Bun­des­ge­richts­hof ein­ge­legt wer­den.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.01.2020 - 17 U 133/19

Redaktion beck-aktuell, 13. Januar 2020.

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