Bayer haftet nicht für Lungenembolie nach Einnahme der Antibabypille "Yasminelle"

Eine Frau, die nach Einnahme der Antibabypille "Yasminelle" eine Lungenembolie erlitten hatte, ist mit ihrer Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen Bayer auch in der Berufungsinstanz gescheitert. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah einen Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen. Als mögliche alternative Ursache seien auch die Langstreckenflüge der Klägerin in Betracht gekommen.

Klägerin erlitt Lungenembolie mit Herzstillstand

Die Klägerin erlitt im Sommer 2009 eine beidseitige Lungenembolie mit Herzstillstand. Sie führt dies auf die Einnahme des von der beklagten Bayer Vital GmbH in Verkehr gebrachten Verhütungsmittels "Yasminelle" mit dem Wirkstoff Drospirenon zurück. Sie verklagte das Unternehmen daher auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Landgericht Waldshut-Tiengen (BeckRS 2018, 33372) wies die Klage ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass die von ihr erlittenen schweren gesundheitlichen Schäden durch die Einnahme des Medikaments verursacht worden seien. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein.

OLG: Kausalität nicht nachgewiesen

Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Der Klägerin sei auch in zweiter Instanz nicht der Nachweis gelungen, dass die Einnahme von "Yasminelle" eine (Mit-)Ursache für die von ihr erlittene Thromboembolie war. Der Senat habe berücksichtigt, dass laut Sachverständigem 40% aller Thrombosen idiopathisch, also ohne derzeit erkennbare Ursache auftreten. Es lasse sich daher nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, dass die Klägerin keine Thromboembolie erlitten hätte, wenn man die Einnahme des Verhütungsmittels hinwegdenkt.

Gesetzliche Kausalitätsvermutung greift nicht

Zu Gunsten der Klägerin komme auch keine gesetzliche Ursächlichkeitsvermutung (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AMG) zur Anwendung. "Yasminelle" sei zwar geeignet, eine venöse Thromboembolie auszulösen. Im Fall der Klägerin seien im Jahr 2009 aber auch andere Umstände nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet gewesen, den Schaden zu verursachen (§ 84 Abs. 2 Satz 3 AMG). Das seien in erster Linie die von der Klägerin im März 2009 unternommenen Langstreckenflüge, die geeignet gewesen seien, eine Reisethrombose auszulösen. Bei der Reisethrombose handele es sich um ein medizinisch international anerkanntes Krankheitsbild. Erste Thrombosesymptome seien bei der Klägerin drei Wochen nach den Flügen aufgetreten, was nach den Darstellungen des angehörten Sachverständigen vom Zeitablauf "klassisch" für eine Reisethrombose sei.

Langstreckenflüge der Klägerin mögliche alternative Ursache

Zwar könne nicht festgestellt werden, wo im Körper sich die Thrombose zuerst gebildet habe. Nach Einschätzung des Sachverständigen seien aber letztlich alle denkbaren Entstehungsorte mit einer Reisethrombose vereinbar. Der Senat kam daher zu der Überzeugung, dass die Langstreckenflüge für sich genommen als alleinige (Alternativ-)Ursache für die von der Klägerin erlittene Thromboembolie konkret in Betracht kommen. Dies gelte umso mehr, als bei der Klägerin eine angeborene Venenanomalie vorliege, die einen weiteren zumindest unselbständigen Risiko(erhöhungs)faktor darstelle. Diese Anomalie sei zwar nicht für sich allein genommen, wohl aber im Zusammenwirken mit den Langstreckenflügen konkret geeignet gewesen, die Thromboembolie zu verursachen.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.06.2021 - 4 U 19/19

Redaktion beck-aktuell, 25. Juni 2021.

Mehr zum Thema