OLG Karlsruhe präzisiert Anforderungen an Antrag auf Lieferung "gleichartigen und gleichwertigen" Kfz-Nachfolgemodells in Dieselskandal

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem Dieselverfahren mit Urteil vom 05.11.2019 darüber entschieden, wie ein Klageantrag auf Nachlieferung eines (Neu-)Fahrzeugs formuliert sein muss, wenn das gekaufte (mangelhafte) Modell nicht mehr lieferbar ist. So müssten die geforderten Ausstattungsmerkmale des neuen Fahrzeugs – etwa unter Zuhilfenahme aktueller Prospekte – konkret bezeichnet werden (Az.: 17 U 245/18).

Mangelhaftes Kfz wird nicht mehr hergestellt

Die Klägerin hat im Dezember 2013 für rund 22.890 Euro einen neuen VW Caddy Trendline 5-Sitzer, 1,6 l TDI, 75 kW (Motor EA189; Abgasnorm Euro 5) gekauft. Dabei handelt es sich um ein Fahrzeug der sogenannten dritten Modellgeneration, das von der VW AG seit Juni 2015 nicht mehr hergestellt wird. Das derzeit lieferbare Nachfolgemodell der vierten Modellgeneration weist optische und technische Änderungen auf, enthält einen anderen Motor (EA 288) mit höherer Motorleistung (2,0 l TDI) und erreicht die Abgasnorm Euro 6.

Lieferung mangelfreien Ersatzfahrzeugs verlangt

Die Klägerin verlangt von ihrem Autohändler die Lieferung eines "gleichartigen und gleichwertigen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung" gegen Rückgabe des mangelhaften Fahrzeugs. Zur näheren Beschreibung hat die Klägerin auf die Rechnung für ihren VW Caddy der dritten Baureihe Bezug genommen.

Klageantrag muss gefordertes Fahrzeug mitsamt Ausstattung genau beschreiben

Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage unter anderem wegen Verjährung abgewiesen. Der für die Landgerichtsbezirke Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Baden-Baden und Mosbach für „Dieselverfahren“ zuständige 17. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 05.11.2019 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Er hat präzisiert, wie ein Klageantrag in Nachlieferungsfällen zu formulieren ist. Die Klägerin könne sich demnach nur insoweit auf die Rechnung für das gekaufte Fahrzeug beziehen, als aus der Bezeichnung in der alten Rechnung auf die geforderte Ausstattung der aktuellen Baureihe geschlossen werden kann. Nur wenn im Klagantrag eindeutig formuliert sei, welches Fahrzeug mit welcher Ausstattung die Klägerin fordert, könne das Gericht beurteilen, ob der Klägerin ein solches Fahrzeug zusteht. Nur dann könne auch im Fall einer Verurteilung festgestellt werden, ob das angebotene Fahrzeug dem im Urteil beschriebenen Fahrzeug entspricht.

Merkmale der Ausstattungspakete herauszuarbeiten

Hinter den vom Hersteller in der Rechnung aus dem Jahr 2014 mit "Licht & Sicht", "Exterieur", "Caddy JAKO-O" und "Cool & Find" bezeichneten Begriffen verbergen sich Ausstattungspakete, stellt das OLG fest. Der Klägerin wäre es möglich und zumutbar, entweder mitzuteilen, welche einzelnen Merkmale diese Pakete enthalten haben oder welche Merkmale der neuen Generation des Fahrzeugs diesen entsprechen. Sie könne hierzu Prospekte des Herstellers mit Ausstattungslisten oder sogenannte Konfiguratoren aus dem Internet verwenden.

Zulässiger Teil des Klageantrags verjährt

Soweit der Antrag der Klägerin demnach zulässig war, sei er verjährt, so das OLG weiter. Nachlieferungsansprüche gegen den Autohändler verjährten innerhalb von zwei Jahren nach Übergabe des Fahrzeugs. Die Klägerin habe erst im Jahr 2017 Klage erhoben.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.11.2019 - 17 U 245/18

Redaktion beck-aktuell, 18. November 2019.

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