Abberufung früheren Betriebsratsvorsitzenden aus SAP-Aufsichtsrat bestätigt

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Abberufung eines früheren Betriebsratsvorsitzenden bei SAP aus dem Aufsichtsrat des Softwareunternehmens bestätigt. Er hatte im Rahmen einer internen Untersuchung gegen einen Betriebsratskollegen E-Mails manipuliert und gelöscht. Sein Arbeitsverhältnis war bereits vor der Abberufung außerordentlich gekündigt worden.

E-Mails bei interner Untersuchung gegen Betriebsratskollegen gelöscht und manipuliert

Der Beschwerdeführer war Betriebsratsvorsitzender der SAP SE und wurde als Gewerkschaftsvertreter im Jahr 2019 Mitglied ihres Aufsichtsrats. Er räumte gegenüber der Gesellschaft am 25.06.2021 ein, im Zusammenhang mit internen Ermittlungen gegen ein anderes damaliges Mitglied des Aufsichts- und Betriebsrats in dem Versuch, diesen von dem Vorwurf der ungenehmigten Urlaubsnahme zu entlasten, mehrere E-Mails gelöscht und eine E-Mail inhaltlich manipuliert zu haben. Daraufhin wurde sein Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt. Außerdem fasste der Aufsichtsrat am 29.07.2021 den Beschluss, die gerichtliche Abberufung des Beschwerdeführers aus dem Aufsichtsrat zu beantragen. Das Amtsgericht Mannheim beschloss die Abberufung. Dagegen legte der Abberufene Beschwerde ein.

OLG: Wichtiger Grund für Abberufung liegt vor

Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Es bestätigte die Einschätzung des AG, wonach ein in der Person des Beschwerdeführers liegender, seine Abberufung als Aufsichtsratsmitglied tragender wichtiger Grund gemäß Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO, § 103 Abs. 3 Satz 1 AktG gegeben sei. Ein solcher Grund liege immer dann vor, wenn ein Verbleiben des Mitgliedes im Aufsichtsrat bis zum Ablauf der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist, insbesondere weil der weitere Verbleib im Amt die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats nicht unerheblich beeinträchtigt oder eine sonstige Schädigung der Gesellschaft erwarten lässt.

Vertrauen durch Manipulieren und Löschen der E-Mails zerstört

Der Beschwerdeführer habe durch sein eigenmächtiges, durch keinerlei rechtlich berechtigtes Interesse gedecktes Manipulieren und Löschen von Informationen, um diese im Interesse eines Betriebsratskollegen im Rahmen einer von der Gesellschaft eingeleiteten Untersuchung zu unterdrücken, das für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied unerlässliche Vertrauen in seine persönliche Integrität und Zuverlässigkeit zerstört und sich als ungeeignet für die Wahrnehmung des Unternehmensinteresses an einer funktionsfähigen Überwachung des Vorstands erwiesen.

Integritätszweifel durch späteres Wiederherstellen der E-Mails nicht beseitigt

Dass das Verhalten des Beschwerdeführers außerhalb seiner eigentlichen Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied gelegen habe und er die zunächst manipulierten und gelöschten Daten später wieder hergestellt und der Gesellschaft überlassen habe, sei berücksichtigt worden. Das OLG sah die Zweifel an der Integrität und Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers auch in Bezug auf eine Tätigkeit als Aufsichtsrat dadurch aber nicht beseitigt.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.03.2022 - 1 W 85/21

Redaktion beck-aktuell, 3. März 2022.