OLG Jena: Keine Entschädigung für im MDR der Mafia-Mitgliedschaft verdächtigten Gastronomen

Ein Gastronom, der in einem Bericht des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) über die Mafia der Mitgliedschaft in der `Ndrangheta verdächtigt wurde und dabei identifizierbar war, kann weder eine Geldentschädigung noch die Zahlung von Rechtsanwaltskosten für Abmahnungen Dritter verlangen. Dies hat das Oberlandesgericht Jena mit Urteil vom 21.02.2018 entschieden. Um die Frage klären zu lassen, ob die Abmahnkosten dem MDR zurechenbar sind, hat das OLG die Revision zugelassen (Az.: 7 U 471/17).

MDR-Bericht behauptete `Ndrangheta-Mitgliedschaft des Klägers

In einem im November 2015 ausgestrahlten Fernsehbericht des MDR mit dem Titel „Provinz der Bosse – Die Mafia in Mitteldeutschland“ wurde über Aktivitäten der italienischen Mafia in Mitteldeutschland berichtet. Im Bericht wurde über einen Erfurter Gastronomen, der zwar anonymisiert, aber identifizierbar dargestellt wurde, behauptet, er sei Mitglied der `Ndrangheta. Der Bericht war im Internet in der Mediathek des MDR abrufbar und wurde zeitweise auch durch Dritte auf YouTube verbreitet.

Kläger forderte Entschädigung wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts

Wegen Verletzung seiner allgemeinen Persönlichkeitsrechte nahm der Gastronom sowohl den MDR als auch beteiligte Journalisten auf Zahlung einer Geldentschädigung gerichtlich in Anspruch. Darüber hinaus forderte er von ihnen die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die ihm vorgerichtlich unter anderem wegen der Abmahnung von Dritten wegen des Uploads des Fernsehbeitrages im Internet entstanden waren.

LG sprach geringen Teil der Rechtsanwaltskosten zu

Die Klage hatte vor dem Landgericht Erfurt nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das LG verurteilte den MDR, dem Kläger einen Teil der von ihm geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Im Übrigen wies das LG die Klage ab. Dagegen legten der Kläger und der MDR Berufung ein.

OLG: Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht schwerwiegend genug

Nur die Berufung des MDR hatte Erfolg. Das OLG wies die Klage insgesamt ab. Für die Zubilligung einer Geldentschädigung bestehe nach Abwägung der gesamten Umstände des Falles keine Rechtsgrundlage. Zwar habe der MDR durch den Fernsehbeitrag die Persönlichkeitsrechte des Klägers verletzt, die Verletzung sei aber nicht so schwerwiegend, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich wäre.

Grundsätzlich berechtigte Verdachtsberichterstattung

Dabei sei berücksichtigt worden, dass der Kläger zwar anonymisiert, aber dennoch - für einen beschränkten Personenkreis - erkennbar im Fernsehbeitrag dargestellt wurde. Die Behauptung einer Mafiazugehörigkeit des Klägers sei aber durchgängig nicht als bewiesene Tatsache, sondern lediglich als Verdacht dargestellt worden. Zu einer Verdachtsberichterstattung sei der MDR aufgrund seiner recherchierten Erkenntnisse auch grundsätzlich berechtigt gewesen. In die Abwägung sei auch eine Reihe weiterer Gesichtspunkte einbezogen worden.

Abmahnkosten nicht dem MDR zurechenbar

Laut OLG steht dem Kläger aus Rechtsgründen auch kein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu. Nach Ansicht des Gerichts hat der MDR die vom Kläger geltend gemachten Abmahnkosten gegen Dritte nicht zurechenbar verursacht. Da es diesbezüglich noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gebe, sei insoweit die Revision zugelassen worden.

OLG Jena, Urteil vom 21.02.2018 - 7 U 471/17

Redaktion beck-aktuell, 23. Februar 2018.

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