Kein Anspruch auf Stornierungskosten nach coronabedingter Absage einer Schachmeisterschaft

Eine Hotelgesellschaft hat keinen Anspruch auf Stornierungskosten gegen einen Verein, der in einem von ihr betriebenen Hotel im Mai 2020 die Deutschen Grundschulschachmeisterschaften hatte durchführen wollen, dies aber dann wegen der Coronapandemie unterlassen hat. Das hat das Oberlandesgericht Jena in zweiter Instanz entschieden. Es geht von einem Fall der rechtlichen Unmöglichkeit aus, da die Veranstaltung aufgrund einer Corona-Verordnung des Landes nicht habe durchgeführt werden dürfen.

Grundschulschachmeisterschaften im Mai 2020 in Hotel geplant

Der Beklagte, ein Verein zur Förderung des Schachsports, beabsichtigte, im Hotel der Klägerin im Mai 2020 für vier Tage die Deutschen Grundschulschachmeisterschaften durchzuführen. Dazu schloss er mit der Klägerin im Jahr 2019 einen Reservierungs- und einen Veranstaltungsvertrag. Der Vertrag beinhaltete eine Regelung zu Stornierungskosten. Der Wettkampf sollte unter anderem in einem Raum mit der Größe von 730 qm stattfinden. Dabei wären bereits ohne Zuschauer beziehungsweise Eltern circa 500 Personen, davon mindestens 400 Kinder, anwesend gewesen. Die jüngsten Teilnehmer hätten ein Alter von sechs Jahren gehabt. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 14.05.2020 mit, dass die Veranstaltung wegen der COVID 19-Pandemie nicht stattfinden werde. Die Klägerin verlangte daraufhin von dem beklagten Verein einen Teil der Stornierungskosten in Höhe von rund 25.325 Euro und erhob Klage vor dem Landgericht Erfurt. Dieses wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin zum Thüringer OLG blieb ebenfalls erfolglos.

OLG geht von rechtlicher Unmöglichkeit aus

Das OLG hat entschieden, dass der Beklagte von dem Vertrag wirksam zurückgetreten sei, weil die Klägerin ihre Räume zu dem vertraglich vereinbarten Zweck nicht zur Verfügung stellen durfte. Es habe ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vorgelegen. Die geplante Veranstaltung sei nach § 2 Abs. 5 der maßgeblichen Thüringer Corona-Verordnung (ThürSARS-CoV-2-Maßn-FortentwVO) verboten gewesen. Diese Regelung habe vorgesehen, dass öffentliche Veranstaltungen, die insbesondere nach ihrem Gesamtgepräge, ihrer Organisation, dem geplanten Ablauf, der Dauer, der Anzahl, der Struktur und der Zusammensetzung der zu erwartenden Teilnehmer oder den räumlichen Verhältnissen am Veranstaltungsort in besonderem Maße geeignet seien, die Ausbreitung der Pandemie zu fördern, bis zum Ablauf des 31.08.2020 verboten seien. Das OLG meint, dass die geplante Grundschulschachmeisterschaft eine solche Veranstaltung dargestellt hätte. Denn es habe schon keine feste Teilnehmerliste gegeben. Der Wettkampf wäre auch in besonderem Maße geeignet gewesen, die Ausbreitung der Pandemie zu fördern. Unabhängig von einem Hygienekonzept wäre dessen Umsetzung bereits aufgrund der Zusammensetzung der Teilnehmer und der ihnen altersbedingt immanenten Sorglosigkeit und mangelnden Disziplin sowie ihrer schieren Anzahl nicht zu gewährleisten gewesen. Das Zusammenführen einer derart großen Menschenmenge in geschlossenen Räumen über vier Tage hätte das Potenzial gehabt, ein "Superspreader"-Ereignis zu werden.

Spätere Aufhebung der Verbotsnorm ändert nichts an rechtlicher Unmöglichkeit

An der rechtlichen Unmöglichkeit habe auch der Umstand nichts geändert, dass die Verordnung vom 12.05.2020 mit Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 01.05.2021 für nichtig erklärt worden sei. Denn das rechtliche Hindernis entstehe bereits mit Eintritt der Störung, also dem Verbotserlass. Selbst wenn berücksichtigt werde, dass die Verordnung nach dem Urteil des VerfGH von Anfang an nichtig gewesen sei, verbleibe es bei der rechtlichen Unmöglichkeit. Es sei den Parteien wegen der drohenden Bußgelder und der Fristgebundenheit der Veranstaltung nicht zuzumuten gewesen, an dem Vertrag festzuhalten. Auch sei es für die Parteien nicht zu erwarten gewesen, dass die Verbotsnorm in einem späteren verfassungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben werden würde.

Rücktritt des Vereins führte zu Umwandlung des Vertrags in Rückgewährschuldverhältnis

Durch den wirksamen Rücktritt des beklagten Vereins habe sich der Beherbergungs- und Veranstaltungsvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Ansprüche aus der Stornierungsvereinbarung können daher nicht mehr verlangt werden. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

OLG Jena, Urteil vom 09.11.2021 - 7 U 16/21

Redaktion beck-aktuell, 16. November 2021.