Vorlage gefälschten Impfpasses vor Kreistagssitzung strafbar

In der Vorlage eines gefälschten Impfausweises zur Teilnahme an einer Kreistagssitzung liegt ein strafbarer Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm zulasten eines AfD-Mitglieds bestätigt. Allerdings kritisierte es die Strafzumessung der Vorinstanz, unter anderem die Annahme einer strafschärfenden Wirkung aufgrund einer Vorbildfunktion. Der Strafausspruch könne deshalb keinen Bestand haben.

Unrichtigen Impfpass vorgelegt

Nach den Feststellungen des Landgerichts Bielefeld war der heute 60-jährige Angeklagte seinerzeit Mitglied der Partei AfD. Er nahm am 16.11.2021 an einer Sitzung des Ältestenrates des Gütersloher Kreistages teil, wobei er ein verhindertes Mitglied dieses Gremiums vertrat. Bei der Überprüfung der Einhaltung der seinerzeit infolge der Corona-Pandemie geltenden 3-G-Regelung legte er der Protokollführerin einen gefälschten Impfausweis vor, in dem zwei tatsächlich nicht erfolgte Impfungen eingetragen waren. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung wurde dieser Impfausweis bei ihm sichergestellt. Nach Bekanntwerden des Vorfalls in der Öffentlichkeit trat der Angeklagte von allen politischen Ämtern zurück und trat aus der AfD aus.

OLG bestätigt Schuldspruch

Das Verhalten des Angeklagten hat das LG als Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Sinne des § 279 StGB gewertet und den Angeklagten entsprechend verurteilt. Dies hat das OLG bestätigt. Der wegen der fehlenden Impfungen inhaltlich unrichtige Impfausweis ist ein Gesundheitszeugnis. Diesen habe der Angeklagte im Sinne des gesetzlichen Tatbestandes bei einer Behörde vorgelegt. Denn die vom Landrat zur Unterstützung in der Sitzung hinzugezogene Protokollführerin habe insoweit die Befugnisse des Landrates nach § 36 Kreisordnung Nordrhein-Westfalen wahrgenommen.

Durchsuchungserkenntnisse verwertbar

Entgegen der Auffassung der Revision waren die Erkenntnisse aus der Wohnungsdurchsuchung bei der Urteilsfindung verwertbar, da ein rechtmäßiger Durchsuchungsbeschluss vorgelegen habe. Insbesondere habe ein ausreichender Anfangsverdacht bestanden. Die Durchsuchung sei angesichts der im Einzelfall möglichen sehr ernsthaften gesundheitlichen Folgen für Dritte bei der Verwendung von unrichtigen Impfausweisen auch verhältnismäßig gewesen, so das OLG.

Fehlende Reue nicht strafschärfend anzulasten

Aufgrund fehlerhafter Erwägungen zur Strafzumessung konnte das OLG indes nicht ausschließen, dass die Strafe zu hoch bemessen war. Deswegen hob es die vom LG verhängte Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 Euro und die hierzu getroffenen Feststellungen auf. So dürfe dem Angeklagten insbesondere entgegen der vom LG vertretenen Auffassung nicht ohne Weiteres strafschärfend zur Last gelegt werden, dass er als gewählter Volksvertreter eine Vorbildfunktion innehabe. Auch habe die vom LG bei der Strafzumessung gewählte Formulierung zur fehlenden Reue des Angeklagten nicht sicher erkennen lassen, ob das LG ihm dieses Fehlen eines Strafmilderungsgrundes in unzulässiger Weise strafschärfend angelastet hat. Die Strafzumessung muss nun vor einer anderen kleinen Strafkammer des LG neu verhandelt werden.

OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.2023 - 3 RVs 16/23

Redaktion beck-aktuell, 8. Mai 2023.