OLG Hamm: Vorabvergütungen der "Osnabrücker Sonntagzeitung" müssen nicht zurückgezahlt werden

Ein als stiller Gesellschafter an der insolventen Herausgeberin der "Osnabrücker Sonntagszeitung" beteiligter Anleger muss Vorabvergütungen der Herausgeberin auf seine Kapitalanlagen nicht an den Insolvenzverwalter zurückzahlen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Urteil vom 12.12.2016, Az.: 8 U 44/16) und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Münster abgeändert.

Zugehörigkeit der Vorabvergütungen zur Insolvenzmasse streitig

Der klagende Rechtsanwalt ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Herausgeberin der "Osnabrücker Sonntagszeitung". Der Beklagte hatte sich in den Jahren 2001 und 2010 mit Einlagen von insgesamt 60.000 Euro am Vermögen der Herausgeberin beteiligt. In den Jahren 2010 bis 2012 zahlte die Herausgeberin an ihn als Vorabvergütungen bezeichnete Beträge in Höhe von circa 5.500 Euro nebst der hierauf anfallenden Abgeltungssteuer in Höhe von rund 2.000 Euro. Nach der im Jahr 2014 erfolgten Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Herausgeberin verlangt der Kläger die Erstattung dieser Beträge zur Insolvenzmasse. Er meint, es handle sich insoweit um nicht gerechtfertigte Gewinnvorauszahlungen, weil die Herausgeberin in den fraglichen Jahren Verluste und keine Gewinne erwirtschaftet habe. Diese Zahlungen seien unentgeltliche Leistungen und deswegen vom Beklagten als Anleger nach den Regeln der Insolvenzordnung zu erstatten.

OLG Hamm: Vorabvergütungen wurden mit Rechtsgrund gezahlt

Das Zahlungsbegehren des Insolvenzverwalters ist erfolglos geblieben. Das OLG Hamm hat das der Zahlungsklage stattgebende Urteil des LG Münster abgeändert und die Zahlungsklage abgewiesen. Nach den Regeln der Insolvenzordnung habe der Beklagte die erhaltenen Leistungen nicht zu erstatten, so das OLG. Er habe die Zahlungen nicht rechtsgrundlos und damit unentgeltlich bekommen. Die geleisteten Vorabvergütungen habe die Herausgeberin dem Beklagten vielmehr aufgrund der mit ihm abgeschlossenen Verträge, nach denen der Beklagte mit einer Kapitaleinlage als stiller Gesellschafter an der Herausgeberin beteiligt gewesen sei, garantiert und damit geschuldet. Diese Verträge seien wirksam.

Geltendmachung der Zahlungsansprüche nicht treuwidrig

Aufgrund seiner Treuepflicht als Gesellschafter der Herausgeberin habe der Beklagte in den Jahren 2010 bis 2012 auch nicht – ausnahmsweise – davon absehen müssen, seine Zahlungsansprüche geltend zu machen. Bei den erbrachten Zahlungen habe es sich um von der Herausgeberin vertraglich garantierte Zinszahlungen gehandelt, die nicht unter dem Vorbehalt einer Gewinnerzielung gestanden hätten. Das ergebe die Auslegung der abgeschlossenen Verträge unter Berücksichtigung ihrer praktischen Handhabung durch die Vertragsparteien. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte gegenüber der Herausgeberin nicht auf die Zahlungen verzichten müssen, zumal sich diese ihm gegenüber auch treuwidrig verhalten habe, weil sie – nach der Darstellung des Klägers – in einer Art Schneeballsystem Zahlungen an stille Gesellschafter durch den Rückgriff auf Einlagen anderer stiller Gesellschafter finanziert habe, um den Anschein eines gesunden Unternehmens zu erzeugen. Zudem habe sie den Beklagten beim Abschluss weiterer Gesellschaftsverträge im Jahr 2010 nicht auf ihre Überschuldung hingewiesen.

OLG Hamm, Urteil vom 12.12.2016 - 8 U 44/16

Redaktion beck-aktuell, 12. Januar 2017.

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