Anmerkung von
Rechtsanwalt Ottheinz Kääb, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht,
Rechtsanwälte Kääb Bürner Kiener & Kollegen, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 20/2018 vom 11.10.2018
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Sachverhalt
Der VW Sharan des Klägers fuhr außerorts im Bereich eines Kreisverkehrs auf den Skoda des Beklagten auf.
In erster Instanz hatte die Klagepartei keinen Erfolg. Auch im Berufungsrechtszug blieb der Kläger erfolglos.
Rechtliche Wertung
Das OLG hat die Gründe, die die Vorinstanz nach Erholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens für maßgeblich erachtet hatte, nochmals überprüft.
Das Auffahren sei erfolgt, als der VW Sharan etwa 35 km/h gefahren sei. Der Abstand auf den Skoda habe rund 2 Meter betragen und sei damit um ein Vielfaches zu kurz gewesen.
Ob das Fahrzeug des Beklagten zuvor abgebremst worden sei oder nicht, spiele keine Rolle. Gegen die Klagepartei spreche der Anscheinsbeweis, der auch durch ein plötzliches Abbremsen nicht erschüttert werden würde. Denn auch ein plötzliches scharfes Bremsen des Vorausfahrenden müsse einkalkuliert werden.
Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn der Vordermann «ohne zwingenden Grund» bremse. Doch dafür sei hier nichts vorgetragen worden.
Unterschreite der Auffahrende den gebotenen Sicherheitsabstand wie hier in besonders gravierender Weise, trete auch die Betriebsgefahr des vorausfahrenden Fahrzeugs vollständig zurück, selbst wenn ein geringer Verstoß des Vorausfahrenden gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO vorliegen sollte.
Praxishinweis
Die Entscheidung wird hier vorgestellt, weil das Gericht sich mit der Haftungslage sehr eingehend auseinandersetzt und sowohl den Anscheinsbeweis wie auch den «nötigen Abstand» deutlich dokumentiert. Die Strecke, die in 1,5 Sekunden durchfahren wird, muss mindestens als Abstand eingehalten werden. Ein anderer Ansatz legt den halben Tachowert zugrunde. Beide Berechnungsarten führen hier zu dem Ergebnis, dass der nötige Abstand um ein Vielfaches unterschritten wurde.