Radfahrer muss auf Wirtschaftsweg mit Schlaglöchern rechnen

Auf einem Wirtschaftsweg muss ein Radfahrer grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten rechnen. Stürzt er mit seinem Rad beim Durchfahren eines 50 bis 60 Zentimeter langen und acht Zentimeter tiefen Schlaglochs, das für ihn deutlich zu erkennen und gefahrlos zu umfahren war, stellt das Schlagloch keine Gefahrenstelle dar, vor der zu warnen oder die zu beseitigen gewesen wäre. Hierauf weist das Oberlandesgericht Hamm hin.

Stadt soll nach Sturz für Schaden haften

In der Mitte eines fünf Meter breiten Wirtschaftswegs befand sich ein Schlagloch, das später durch die beklagte Stadt, die für diese Straße verantwortlich ist, ausgebessert wurde. Der Kläger will mit seinem Fahrrad zur Mittagszeit in dieses Schlagloch mit einer Tiefe von etwa acht Zentimetern und einer Länge von 50 bis 60 Zentimetern gefahren und gestürzt sein. Durch den Sturz habe er Prellungen und Schürfwunden erlitten, daneben seien sein Fahrrad und die getragene Kleidung beschädigt worden. Er hat deshalb die Stadt auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von etwa 3.500 Euro in Anspruch genommen.

OLG: Unfall wäre bei Einhaltung des Rechtsfahrgebots nicht passiert

Die Stadt hat sich unter anderem damit verteidigt, dass es sich bei der Straße um einen Wirtschaftsweg mit einer untergeordneten Verkehrsbedeutung handle, sodass jeder Verkehrsteilnehmer auch mit größeren Unebenheiten zu rechnen habe. Das Landgericht Bochum hatte die Klage abgewiesen. Seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat der Kläger zurückgenommen, nachdem das OLG Hamm ihn darauf hingewiesen hatte, dass sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe stelle für einen Radfahrer, der dort hineinfahre, zwar ein Gefahrenpotential dar, gestanden die OLG-Richter zu. Allerdings dürfe ein Radfahrer, der – wie hier – einen Wirtschaftsweg benutze, nicht erwarten, dass der Weg insgesamt eine einwandfreie Fahrbahndecke habe und deshalb über seine gesamte Breite gefahrlos befahren werden könne. Dies könne ein Radfahrer schon nach dem Rechtsfahrgebot der Straßenverkehrsordnung – das Schlagloch habe sich dagegen in der Mitte der Fahrbahn befunden – nicht für sich beanspruchen.

Auf Wirtschaftswegen besondere Sorgfalt geboten

Daneben hätten Benutzer eines Wirtschaftswegs grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten zu rechnen, da solche Wege regelmäßig mit schwerem landwirtschaftlichem Gerät befahren würden, wodurch Straßenschäden entstehen könnten. Deshalb hätte der Kläger auch ohne weitere Warnhinweise nur so schnell fahren dürfen, dass er selbst auf plötzlich auftretende Hindernisse und Gefahrenstellen reagieren hätte können. Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe sei für einen Radfahrer deutlich erkennbar und hätte ohne Probleme umfahren werden können.

OLG Hamm, Beschluss vom 11.11.2020 - 11 U 126/20

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2021.