Sperrfläche vor Einmündungsbereich überfahren
Der zur Tatzeit 37 Jahre alte Angeklagte befuhr im Juni 2015 mit einem Lieferwagen aus Richtung Ahaus-Wüllen kommend die L 572 in Richtung Stadtlohn. Nach einem ersten verkehrswidrigen Überholvorgang, bei dem er eine Linksabbiegerspur und eine durchgezogene Linie mit überhöhter Geschwindigkeit überfuhr, näherte er sich dem rechtseitigen Einmündungsbereich der L 608. Aus der Einmündung bog ein Pkw nach rechts in Richtung Stadtlohn auf die L 572 ein. Um hinter diesem Fahrzeug zu bleiben, hätte der Angeklagte seine Geschwindigkeit deutlich reduzieren müssen. Dies wollte er vermeiden, setzte zum Überholen des Fahrzeugs an und überfuhr hierbei eine Sperrfläche vor dem Einmündungsbereich sowie die für den Gegenverkehr vorgesehene Linksabbiegerspur auf der L 572.
Entgegenkommender Pkw-Fahrer getötet
Die Linksabbiegerspur befuhr ein dem Angeklagten entgegenkommender, mit zwei Insassen besetzter Pkw Skoda, um nach links in die L 608 abzubiegen. Dem Skoda folgte ein ebenfalls mit zwei Insassen besetzter Pkw Dacia Duster, der auf der L 572 weiter geradeaus in Richtung Ahaus fahren wollte. Der Angeklagte reduzierte seine Geschwindigkeit von noch circa 75 bis 90 Kilometern pro Stunde nicht und fuhr frontal auf den Skoda zu, dessen Fahrerin den Zusammenstoß mit dem Lieferwagen trotz eines Ausweichmanövers nicht vermeiden konnte. Der hierdurch abgelenkte Lieferwagen kollidierte sodann mit dem Dacia. Dessen Fahrer erlitt bei dem Unfall tödliche Verletzungen, die weiteren Insassen des Dacia und des Skoda erlitten zum Teil schwere Verletzungen, unter anderem eine Augenverletzung, schwere Prellungen und Schnittwunden.
AG verurteilt Unfallverursacher zu Freiheitsstrafe ohne Bewährung
Wegen dieser Tat verurteilte der Strafrichter des AG Ahaus den zwar verkehrsordnungswidrigkeitenrechtlich, aber nicht strafrechtlich vorbelasteten Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem verlor der Angeklagte seine Fahrerlaubnis. Im Berufungsverfahren vor dem LG Münster bestätigte die zuständige kleine Strafkammer die Verurteilung und setzte die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis auf die gesetzlich zulässige Höchstfrist von fünf Jahren fest.
LG verweist auf erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat
Im Rahmen der Strafzumessung wies die kleine Strafkammer zur Begründung der versagten Strafaussetzung zur Bewährung darauf hin, dass dem nicht vorbestraften Angeklagten zwar eine günstige Sozialprognose zu stellen sei. Nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten lägen aber keine besonderen Umstände vor, die es ermöglichten, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Vor dem Hintergrund des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat, der sich maßgeblich aus der rücksichtslosen und risikobereiten Fahrweise des Angeklagten mit den darauf zurückzuführenden schweren Tatfolgen ergebe, rechtfertigten die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände, insbesondere seine bisherige Unbestraftheit, keine Bewährung.
Vollstreckung laut LG zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten
Zudem sei die Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten. Der Verkehrsverstoß weise neben den durch ihn verursachten schweren Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt auf und sei Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die die Geltung des Rechts nicht ernst nehme. Das Verhalten des Angeklagten vor und nach der Tat zeige, dass er sich ohne Bedenken über Verkehrsregeln und die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt habe.
OLG bestätigt Berufungsurteil
Die gegen das Berufungsurteil vom Angeklagten eingelegte Revision hat das OLG Hamm als unbegründet verworfen. Die Überprüfung des Urteils habe keinen Rechtsfehler zulasten des Angeklagten ergeben, so die Entscheidung des Senats.