Der Betroffene verbüßt eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen sexueller Nötigung in der Justizvollzugsanstalt Bochum. Bei Transportfahrten im Mai und Juni 2022 wurde er auf Anordnung der Vollzugsanstalt an den Füßen gefesselt.
Bei der ersten Fahrt wurde der Betroffene nach einem Arbeitsunfall per Krankentransport zu einem externen Arzt und zurück gebracht. Bei der Fesselung stellte die Vollzugsanstalt darauf ab, dass der Betroffene als erfahrener Kampfsportler über Kenntnisse und Fertigkeiten der körperlichen Gewaltanwendung verfüge, eine tatsächliche gesundheitliche Einschränkung seiner Beweglichkeit nicht festgestanden habe und sein Verhalten von den Bediensteten als unauthentisch, unterschwellig drohend und nicht mitarbeitsbereit empfunden worden sei.
Bei der zweiten Fahrt wurde der Betroffene zu einer gerichtlichen Anhörung zum LG Bochum und zurück gebracht. Bei der Fesselung erwog die Vollzugsanstalt, dass der Betroffene, der sich als Justizopfer sehe, vollzugsfeindliche Tendenzen erkennen lasse, und berücksichtigte seine körperlichen Fähigkeiten als erfahrener Kampfsportler einerseits und die konkrete Art der Fesselung unter Begleitung zweier bewaffneter Bediensteter andererseits bei der Entscheidung.
Geringere Anforderungen an Fesselung bei Transporten
Der Betroffene führte jeweils eine gerichtliche Entscheidung des LG Bochum herbei, auf die zwei Rechtsbeschwerden zum OLG Hamm folgten. Diese Rechtsbeschwerden ließ der 1. Strafsenat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu und entschied hierüber in der Sache. Die Anträge des Betroffenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Fesselung blieben ohne Erfolg.
Der Senat ist von seiner ständigen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für besondere Sicherungsmaßnahmen wie Fesselungen ausgegangen, die sich aus § 69 Strafvollzugsgesetz NRW ergeben. Während Fesselungen an sich eine im Einzelfall durch konkrete Tatsachen begründete erhöhte Fluchtgefahr voraussetzten, seien sie bei Ausführungen, Vorführungen und Transporten bereits dann zulässig, wenn die Beaufsichtigung nicht ausreiche, eine Entweichung zu verhindern.
In diesen Situationen bestehe typischerweise aufgrund der äußeren Umstände eine erhöhte Gefahr der Entweichung, sodass eine Fesselung bereits dann zulässig sei, wenn die Gefahr der Entweichung nach den Umständen des Einzelfalles nicht fernliege. Dabei seien namentlich das Vorverhalten des Gefangenen in der Haft, sein Gesundheitszustand, sein Alter und der Ablauf vorangegangener Ausführungen zu berücksichtigen, ohne dass diese Aufzählung abschließend wäre. Diese Umstände seien einzelfallbezogen zu prüfen, ohne dass eine gesetzliche Vermutung ausreichender Umstände zugunsten einer Fesselung bestehe (III-1 Vollz(Ws) 551/22; III-1 Vollz(Ws) 92/23).