Am Tag einer verlängerten Berufungsbegründungsfrist kam es zu einer technischen Störung einer zwei Tage andauernden Störung beim elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Der Prozessbevollmächtigte legte seinen Schriftsatz am selben Tag handschriftlich unterschrieben, also in Papierform, und ohne Hinweis auf eine technische Störung in den dortigen Nachtbriefkasten ein. Erst acht Tage später äußerte er sich schriftlich und erläuterte ausführlich, dass er die Berufungsschrift aufgrund der Störung beim EGVP weder über das beA noch per Fax habe einreichen können. Das Fax, dem er diese Begründung beigefügt habe, habe er aber ebenfalls nicht versenden können und sich deshalb auf den Weg zum Briefkasten des Gerichts gemacht.
Der 31. Zivilsenat des OLG Hamm hat diese Glaubhaftmachung der Störung als Voraussetzung der Ersatzeinreichung als nicht rechtzeitig eingestuft (OLG Hamm, Beschluss vom 03.07.2023 – 31 U 71/23). Die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach Ablauf von sieben Tagen, so das OLG, sei nicht mehr "unverzüglich" im Sinne des § 130d S. 3 ZPO. Dieser Zeitraum sei, auch weil keine besonderen Umstände vorlägen, als zu lang zu werten. Der Bevollmächtigte habe nicht zuwarten dürfen ("…liegt uns das gerichtliche Schreiben vom 26.04.2023 vor, auf das wir wie folgt antworten…"), bis er vom Gericht zur Glaubhaftmachung der technischen Störung aufgefordert wird. § 130d S. 3 Halbs. 1 ZPO verlange, dass der Einreicher von sich aus tätig werde.
Ursächlichkeit der Störung ist glaubhaft zu machen
"Dass die technische Störung dem Empfänger (Gericht) bekannt ist, entbindet den Absender nicht davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform glaubhaft zu machen.", so der 31. Zivilsenat. Derartige Mitteilungen reduzierten allenfalls die Anforderungen an die Glaubhaftmachung.
Sie entbänden aber keinesfalls von der Pflicht, gleichzeitig mit der Übermittlung des Schriftsatzes in Papierform oder per Telefax bzw. ggf. unverzüglich danach anzuzeigen, dass die Störung ursächlich für eine Ersatzeinreichung war, betonen die Richterinnen und Richter aus Hamm. Nach einiger Zeit ließen sich die Umstände nicht mehr zuverlässig ermitteln, so dass in Zweifelsfällen nur noch auf die Angaben des Einreichers zurückgegriffen werden könne. Dies solle den Missbrauch durch (nachträgliche) Vorspiegelung einer technischen Störung vermeiden.