OLG Hamm: Erb­las­ser zu Leib­ren­te Ver­pflich­te­ter kann sich ge­gen­über Erben auf Ver­jäh­rung be­ru­fen

Macht ein Erb­las­ser zu Leb­zei­ten ihm zu­ste­hen­de Ren­ten­an­sprü­che nicht gel­tend, kann sich der Zah­lungs­pflich­ti­ge dem Erben ge­gen­über auf die Ein­re­de der Ver­jäh­rung be­ru­fen. Dies hat das Ober­lan­des­ge­richt Hamm mit rechts­kräf­ti­gem Ur­teil vom 24.10.2017 ent­schie­den und einer Klage weit­ge­hend statt­ge­ge­ben. Die Vor­aus­set­zun­gen einer die Ver­jäh­rung hem­men­den Stun­dungs­ab­re­de zwi­schen den Zah­lungs­pflich­ti­gen und dem Erb­las­ser müsse der Erbe dar­le­gen und nach­wei­sen (Az.: 10 U 14/17).

Be­klag­ter muss­te Erb­las­ser mo­nat­li­che Leib­ren­te zah­len

Der Erb­las­ser war In­ha­ber eines Un­ter­neh­mens, das im Bie­le­fel­der Raum In­dus­trie­ver­pa­ckun­gen pro­du­ziert. Die Klä­ge­rin und der Be­klag­te sind die bei­den Kin­der des Erb­las­sers. Be­reits zu Leb­zei­ten, mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag aus dem Jahr 1996, über­trug der Erb­las­ser die von ihm ge­hal­te­nen Un­ter­neh­mens­an­tei­le an den Be­klag­ten, der sich zur Si­cher­stel­lung der Ver­sor­gung sei­ner El­tern ver­pflich­te­te, dem Erb­las­ser ab 1997 eine mo­nat­li­che Leib­ren­te von 10.000 DM zu zah­len. Mit einem Tes­ta­ment aus dem Jahr 1996 setz­te der Erb­las­ser die Klä­ge­rin zu sei­ner Al­lein­er­bin ein.

Be­klag­ter re­du­zier­te Zah­lun­gen – Erb­las­ser for­der­te keine Nach­zah­lung

Ab 2001 re­du­zier­te der Be­klag­te seine mo­nat­li­chen Leib­ren­ten­zah­lun­gen an den Erb­las­ser. Be­zo­gen auf die - zu­nächst ver­trag­lich ver­ein­bar­te - Rente in Höhe von 10.000 DM ergab sich bis zum Tod des Erb­las­sers eine Min­der­zah­lung des Be­klag­ten in Höhe von etwa 295.000 Euro. Zu sei­nen Leb­zei­ten ver­lang­te der Erb­las­ser vom Be­klag­ten kei­nen Aus­gleich der Fehl­be­trä­ge.

Klä­ge­rin mach­te Rück­stän­de gel­tend – Be­klag­ter be­rief sich auf Ver­jäh­rung

Die Klä­ge­rin for­der­te die Fehl­be­trä­ge nach dem Tod des Erb­las­sers vom Be­klag­ten ein. Sie mein­te, die Fehl­be­trä­ge seien ihrem Bru­der zwar ge­stun­det, aber nicht er­las­sen wor­den. Der Be­klag­te ver­wei­ger­te die Zah­lung unter an­de­rem mit der Be­grün­dung, der Erb­las­ser habe ohne Ab­spra­che mit ihm die Re­du­zie­rung der mo­nat­li­chen Ren­ten­bei­trä­ge ver­an­lasst. Zudem erhob er die Ein­re­de der Ver­jäh­rung. Das Land­ge­richt ver­ur­teil­te den Be­klag­ten zur Zah­lung des vol­len Rück­stan­des. Da­ge­gen legte der Be­klag­te Be­ru­fung ein.

OLG: Leib­ren­ten­an­sprü­che grö­ß­ten­teils ver­jährt

Das OLG hat die vom Be­klag­ten aus­zu­glei­chen­de For­de­rung auf etwa 53.000 Euro re­du­ziert und der Klä­ge­rin nur die ab dem Jahre 2012 auf­ge­lau­fe­nen Rück­stän­de zu­ge­spro­chen. Als Al­lein­er­bin ihres Va­ters könne die Klä­ge­rin zwar die Zah­lung der vom Be­klag­ten noch nicht er­füll­ten Leib­ren­ten­an­sprü­che des Erb­las­sers ver­lan­gen. Der Nach­lass­for­de­rung könne der Be­klag­te aber ihm zu­ste­hen­de, auch zu Leb­zei­ten des Erb­las­sers be­grün­de­te Ein­wän­de ent­ge­gen­hal­ten. Dass der Erb­las­ser und der Be­klag­te einen Er­lass der Leib­ren­ten­rück­stän­de ver­ein­bart hät­ten, lasse sich zwar nicht fest­stel­len. Die vor dem Jahre 2012 fäl­lig ge­wor­de­nen Leib­ren­ten­an­sprü­che seien aber ver­jährt. In Bezug auf diese An­sprü­che sei die drei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist vor Kla­ge­er­he­bung ab­ge­lau­fen.

Stun­dungs­ver­ein­ba­rung schon nicht schlüs­sig dar­ge­legt

Laut OLG lässt sich nicht fest­stel­len, dass der Ab­lauf der Ver­jäh­rungs­frist durch eine Stun­dungs­ab­re­de zwi­schen dem Erb­las­ser und dem Be­klag­ten ge­hemmt ge­we­sen sei. Die Klä­ge­rin trage dafür die Dar­le­gungs- und Be­weis­last. Sie habe aber be­reits nicht schlüs­sig dar­ge­legt, dass sich der Be­klag­te und der Erb­las­ser auf ein vor­über­ge­hen­des Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Be­klag­ten ver­trag­lich ver­stän­digt hat­ten. Nach dem in­so­weit un­wi­der­spro­chen ge­blie­be­nen Vor­trag des Be­klag­ten wies der Erb­las­ser einen mit der Ver­wal­tung der Leib­ren­ten­zah­lun­gen be­trau­ten Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen je­weils ohne nä­he­re Er­klä­rung an, die Höhe einer Ren­ten­zah­lung zu kür­zen. Dar­aus er­ge­be sich keine Stun­dungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Erb­las­ser und dem Be­klag­ten. Auf eine sol­che sei auch nicht aus einer vom Ehe­mann der Klä­ge­rin be­stä­tig­ten Äu­ße­rung des Erb­las­sers der Klä­ge­rin ge­gen­über zu schlie­ßen, nach wel­cher Zah­lun­gen, die ihr Bru­der wäh­rend der fi­nan­zi­el­len Lage der Firma im Mo­ment nicht leis­ten müsse, spä­ter nach­ge­holt wer­den soll­ten. Grund­la­ge die­ser Äu­ße­rung könne auch ein ein­sei­ti­ger Ent­schluss des Erb­las­sers ge­we­sen sein, dem keine Stun­dungs­ver­ein­ba­rung mit dem Be­klag­ten zu Grun­de ge­le­gen habe, so das OLG.

OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2017 - 10 U 14/17

Redaktion beck-aktuell, 15. Januar 2018.

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