OLG Hamm: Drei-Zeugen-Testament setzt Todesgefahr voraus

Eine durch ein sogenanntes Drei-Zeugen-Testament angeordnete Testamentsvollstreckung kann unwirksam sein, wenn nicht festgestellt werden kann, dass sich der Erblasser bei der Errichtung dieses Nottestaments tatsächlich in akuter Todesgefahr befand oder die drei anwesenden Zeugen von einer akuten Todesgefahr überzeugt waren. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden und damit den zuvor ergangenen Beschluss des Amtsgerichts Essen abgeändert (Beschluss vom 10.02.2017, Az.: 15 W 587/15, BeckRS 2017, 103966, rechtskräftig).

Erbeinsetzung des Sohnes beschränkt

Die 1936 geborene und im Februar 2014 verstorbene Erblasserin hatte in einem 2013 errichteten Testament ihren Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Die Erblasserin litt vor ihrem Tod an Krebs im Endstadium und wurde in einem Krankenhaus stationär behandelt. Vier Tage vor ihrem Versterben errichtete sie im Krankenhaus in Gegenwart von drei Zeugen ein Nottestament in Form eines sogenannten Drei-Zeugen-Testaments, in welchem sie die Erbeinsetzung ihres Sohnes durch eine langjährige Testamentsvollstreckung beschränkte. Nach dem Tod der Erblasserin haben ihr zum Erben bestimmter Sohn und die testamentarisch vorgesehene Testamentsvollstreckerin im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins darüber gestritten, ob die Testamentsvollstreckung durch das Drei-Zeugen-Testament wirksam angeordnet wurde.

Todesgefahr oder drohende Testierunfähigkeit Voraussetzung

Nach der Entscheidung des OLG ist das Drei-Zeugen-Testament nicht wirksam errichtet worden und damit keine Testamentsvollstreckung eingetreten. Gemäß § 2250 Abs. 2 BGB sei ein derartiges Testament unter anderem nur dann wirksam, wenn sich der Testierende in so naher Todesgefahr befinde, dass ein ordentliches Testament weder vor einem Notar noch gemäß § 2249 BGB ein Nottestament vor einem Bürgermeister errichtet werden könne. Die Todesgefahr müsse tatsächlich vorliegen oder zur Überzeugung aller drei Testamentszeugen bestehen. Der Todesgefahr gleichgestellt sei die Gefahr einer drohenden Testierunfähigkeit.

Kriterien nach Auffassung des Gerichts nicht erfüllt

Die genannten Voraussetzungen hielt das OLG im vorliegenden Fall für nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der vom Nachlassgericht durchgeführten Beweisaufnahme habe jedenfalls einer der drei Testamentszeugen bei der Errichtung des Testaments nicht angenommen, dass sich die Erblasserin in akuter Todesgefahr befunden habe. Seinen Angaben zufolge sei ihm seinerzeit nicht bekannt gewesen, ob die Erblasserin in der Gefahr gewesen sei, in kurzer Zeit zu sterben oder geschäftsunfähig zu werden. Es gebe auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Erblasserin bei der Testamentserrichtung tatsächlich in Todesgefahr oder in einer Gefahr eintretender Testierunfähigkeit befunden habe. Insoweit sei es nicht ausreichend, wenn ein Erblasser wegen einer fortgeschrittenen, nicht (mehr) heilbaren Erkrankung nur noch kurze Zeit zu leben habe. Entscheidend sei, dass der Tod des Erblassers aufgrund konkreter Umstände vor dem Eintreffen eines Notars zu befürchten sei. Klinisch müsse er die unmittelbar bevorstehende Endphase seines Lebens erreicht haben. In einem solchen Zustand habe sich die Erblasserin bei der Errichtung des Nottestaments noch nicht befunden. Sie sei erst vier Tage nach der Testamentserrichtung verstorben, ihre Testierunfähigkeit sei erst mehr als 48 Stunden später eingetreten.

OLG Hamm, Beschluss vom 10.02.2017 - 15 W 587/15

Redaktion beck-aktuell, 3. Mai 2017.