Ein junger Mann wurde im November 2023 wegen mehrfacher besonders schwerer Diebstähle, Betäubungsmittelerwerb in 40 Fällen, Nötigung, Verstoß gegen das Waffengesetz und wegen Schwarzfahrens vom AG Paderborn zu einer Einheitsjugendstrafe von knapp drei Jahren verurteilt. Einbezogen wurde dabei ein Urteil des AG Holzminden wegen Erwerbs von einem Gramm Cannabis. Die Strafe wird in der Jugendstrafanstalt Herford vollstreckt. Da mit dem 1. April 2024 das KCanG in Kraft getreten ist, wonach der Erwerb bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei bleibt, muss seine noch nicht vollständig vollstreckte Strafe wegen Cannabiserwerbs nach Art. 316p, 313 EGStGB erlassen werden.
Seine Vollstreckungsleiterin am AG Herford verwies dieses Verfahren ans AG Paderborn, weil diese auf die Einheitsjugendstrafe erkannt hatte. Das Jugendschöffengericht in Paderborn lehnte dankend ab: Das Gericht habe diese Strafe nur einbezogen, verhängt habe sie das AG Holzminden. Als gemeinschaftliches oberes Gericht entschied nun das OLG Hamm (Beschluss vom 23.04.2024 – 4 OGs 10/24) über die Zuständigkeit: Sie bleibt bei der Jugendrichterin in Herford.
Vollstreckungsleiterin ist am nächsten dran
Für die nachträglichen Entscheidungen über die Neufestsetzung einer Einheitsjugendstrafe wegen des Wegfalls der Strafbarkeit des Cannabiserwerbs nach Art. 316p, Art. 313 Abs. 4 und 5 EGStGB, § 66 Abs. 2 S. 4 JGG sei grundsätzlich die Vollstreckungsleiterin zuständig. Laut den Hammer Richterinnen und Richtern beruht diese Regelung darauf, dass die Vollstreckungsleiterin sich im Rahmen der Strafvollstreckung bereits mit dem Jugendlichen befasst habe. Sie sei also am ehesten mit den Beurteilungsgrundlagen für die Neuberechnung vertraut. Ihre aktuellen Kenntnisse über die Persönlichkeit und Entwicklung des Gefangenen erlaube ihr, den Erziehungsgedanken in die nachträgliche Entscheidung einfließen zu lassen.
Nur ein wichtiger Grund nach § 85 Abs. 5 JGG würde sie sie dem OLG zufolge berechtigen, die Angelegenheit an ein anderes Gericht abzugeben. Ein solcher sei hier nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass das AG Paderborn diese Strafe vor mehreren Monaten einbezogen hatte, bilde keinen solchen Grund. Auch die Abgabe an das erkennende Gericht in Holzminden hielt der 4. Strafsenat für falsch, weil die Strafe wegen Cannabiserwerbs bereits vor über drei Jahren verhängt worden war.