Hintergrund des Falls war ein Schadensersatzprozess, den eine Wohnungskäuferin nach ihrem Rücktritt von einem Grundstückskaufvertrag führte. Zwischen den Parteien war streitig, ob der Kaufvertrag überhaupt wirksam zustande gekommen war. Dieser war aufseiten der Käuferin durch einen vollmachtlosen Vertreter geschlossen worden. Nachdem wegen eines angeblichen Feuchtigkeitsschadens verhandelt worden war, forderten die Erben der zwischenzeitlich verstorbenen Verkäuferin die Käuferin mittels Schriftsatzes auf, innerhalb von zwei Wochen den Vertrag zu genehmigen. Dieses Dokument ging am 5. März 2021 im beA der Käuferanwältin ein, womit die Frist des § 177 Abs. 2 S. 2 BGB bis zum 19. März lief. Diese berief sich jedoch darauf, das Schreiben erst am 9. März zur Kenntnis genommen haben, sodass nach ihrer Vorstellung die Zweiwochenfrist erst am 23. März endete – einen Tag nachdem sie dem Notar die Genehmigung geschickt hatte. Das LG ging von einem Fristablauf am 19. März aus und wies die Klage ab, da mangels rechtzeitiger Genehmigung nie ein Vertrag zustande gekommen sei.
Das OLG Hamm pflichtete dem LG bei. Es bejaht einen Zugang des per beA übermittelten Schreibens am 5. März 2021 (Urteil vom 22.02.2024 – 22 U 29/23). Dabei komme es, so das OLG weiter, grundsätzlich nicht auf den Eingang der Benachrichtigungsmail beim Anwalt an. Diese Funktion, bei der das Programm eine Benachrichtigung über neue Post an die Mailadresse des Anwalts versenden kann, diene lediglich der Bequemlichkeit und sei optional einschaltbar. Entscheidend sei vielmehr der Zugang der Nachricht im beA-Postfach an sich, wenn dies zu den üblichen Geschäftszeiten erfolge. Während dieser dürfe der Rechtsverkehr erwarten, dass zumindest zu deren Ende gegen 17.00 Uhr das beA-Postfach kontrolliert werde.
Der 22. Zivilsenat des OLG war davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass das anwaltliche Schreiben am 5. März 2021 um 10.25 Uhr während der Geschäftszeiten per beA bei der Anwältin der Käuferin eingegangen war. Dafür spreche die von der Vertreterin der Verkäufer glaubhaft geschilderte damalige Vorgehensweise. Diese habe die Schreiben – vom Büropersonal vorbereitet und eingestellt – per beA verschickt. Da das Büropersonal bereits um 13.30 Uhr das Büro verlassen habe, müsse es das Vorbereiten und das Einstellen vorher erledigt haben.