Unmittelbar vor der Freistunde kamen zwei Bedienstete in den Haftraum eines Gefangenen, um ihn routinemäßig im Rahmen der Sicherheit und Ordnung zu kontrollieren. Der Insasse ließ sich durchsuchen und ging dann zum Hofgang raus.
Bei seiner Rückkehr vermutete er, dass die Beamten auch seine Verteidigerpost in den Händen gehabt hatten. Und richtig: Auf der Suche nach Versteckmöglichkeiten für unerlaubte Gegenstände, so ein Justizvollzugshauptsekretär, habe er auch diese Papiere auf Hohlräume durchgeblättert. Daraufhin verlangte der Gefangene die gerichtliche Feststellung, dass die Durchsicht von Verteidigerpost rechtswidrig war. Damit war er weder bei der Strafvollstreckungskammer noch beim OLG Hamm (Beschluss vom 13.06.2025 – 1 Vollz 464/24) erfolgreich.
Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Anwesenheit erforderlich
Um die Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu gewährleisten, kann die JVA nach § 64 Abs. 1 StVollzG NRW anlasslos Gefangene, ihre Sachen und Hafträume durchsuchen. Demgegenüber steht § 26 Abs. 3 StVollzG NRW, wonach die Verteidigerpost nicht überwacht wird. Das OLG Hamm löst diesen Konflikt über die praktische Konkordanz, wonach jedem Rechtsgut möglichst große Wirkung verschafft wird: Die Verteidigerpost darf auf verbotene Gegenstände und Substanzen (z.B. bestimmte psychoaktive Substanzen, die nahezu unsichtbar auf Papier aufgetragen werden können) hin überprüft werden, aber sie darf nicht gelesen werden.
Der Gefangene hat nach Ansicht des OLG Hamm keinen Anspruch auf seine Anwesenheit während der Durchsuchung seines Haftraums. Denn er soll keinen Einblick in Durchsuchungsmethoden der Beamten erhalten. Andererseits habe er aber durchaus das berechtigte Interesse, die Sichtkontrolle seiner Verteidigerpost zu überwachen. Daher sei das Ermessen grundsätzlich sorgsam auszuüben.
Obwohl die Strafvollstreckungskammer weder ein Ermessen gesehen noch geprüft hatte, ließ das OLG den Beschluss im Ergebnis bestehen. Das Ermessen sei auf Null reduziert, weil sich der Gefangene freiwillig in die Freistunde verabschiedet hatte. Damit habe er deutlich gemacht, dass er kein Interesse daran gehabt hatte, der Durchsuchung beizuwohnen.