Eine Tochter erhielt von ihrem – inzwischen verstorbenen – Vater zwei Grundstücke gegen Einräumung eines Nießbrauchs- und Wohnrechts. Dieser zahlte die Darlehensschulden der Immobilien weiter. Da diesbezüglich keine Schuldübernahme nach Entfallen des Nießbrauchs vereinbart worden war, entstanden nach dem Tod des Vaters höhere Schenkungssteuern in Höhe von gut 66.000 Euro und Rechtsverfolgungskosten in Höhe von knapp 18.000 Euro. Die Hinterbliebene trat ihren Anspruch auf Schadensersatz nach § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO (Amtspflichtverletzung) gegen den Notar an die Klägerin ab, die auf ganzer Linie scheiterte.
Dem OLG zufolge muss der Notar keinen Schadensersatz an die Klägerin zahlen, da er nicht gegen seine Amtspflichten verstoßen hat (Urteil vom 29.05.2024 – 11 U 71/23). Er müsse einen Grundstücksübertragungsvertrag nicht auf bestimmte Steuersparmodelle prüfen, wenn die Beteiligten einen Steuerberater haben und ihm keine Vorstellungen für eine bestimmte, aus steuerlichen Gründen zu wählende, Vertragsgestaltung mitteilten.
Insbesondere ein Verstoß gegen seine Pflichten nach § 17 Abs. 1 BeurkG (Erforschungspflicht), so das OLG-Kollegium weiter, könne dem Notar nicht vorgeworfen werden. Denn er habe den Willen der Beteiligten korrekt erfasst und umgesetzt. So sei er nicht verpflichtet gewesen, eine Klausel zur Übernahme der Darlehensschulden aus den Finanzierungsdarlehen für die Grundstücke durch die Tochter nach dem Tod ihres Vaters in den Vertrag aufzunehmen. Dies habe nicht dem erklärten Willen der Vertragsparteien entsprochen. Als Notar, der lediglich einen Grundstückskauf- oder Übertragungsvertrag bekundet habe, hätte er die Parteien nicht auch auf steuerrechtliche Folgen des beurkundeten Geschäfts hinweisen müssen – zumal seine Klienten einen Steuerberater hatten.
Jedenfalls konnte das OLG aber nicht feststellen, dass dem Notar, der weder Steuerberater noch Fachanwalt für Steuerrecht ist, überhaupt die rechtlichen Folgen der unterbliebenen Vereinbarung zur Darlehensschuldübernahme bekannt waren. Da das Vater-Tochter-Gespann von einem Steuerberater beraten wurde, habe der Notar darauf vertrauen dürfen, dass dieser als Fachmann eine etwaige ungünstige Vertragsgestaltung erkennen und die Beteiligten darauf hinweisen würde. Hier reichte es dem OLG zufolge, dass er auf die "steuerlichen Folgen" des Geschäfts hingewiesen hatte.