OLG Hamburg zum Abgasskandal: Nutzungsvorteile nur bis zur "Rückabwicklungsaufforderung" des Schädigers anzurechnen

Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Fahrzeugkäufer kann von Volkswagen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen. Er muss sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er VW zur "Rückabwicklung" aufgefordert hat. Diese Auffassung vertritt das Oberlandesgericht Hamburg in einem Hinweisbeschluss vom 13.01.2020 (Az.: 15 U 190/19), wie die Kanzleien Wietbrok Rechtsanwälte und Hahn Rechtsanwälte mitgeteilt haben.

Vom Abgasskandal betroffener Skoda-Käufer verlangte von VW "Rückabwicklung"

Eine Klägerin hatte von einem Autohändler einen Skoda Yeti zu einem Kaufpreis von 22.697 Euro erworben, in dem ein EA 189-Motor verbaut ist. Sie verlangte von Volkswagen wegen der Abgasmanipulation Schadensersatz aus Delikt in Form der Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein.

OLG: Nutzungsvorteile nur bis zum Zeitpunkt der "Rückabwicklungsaufforderung" anzurechnen

In seinem Hinweisbeschluss weist das OLG darauf hin, dass die Klägerin gegen VW als Hersteller des Motors dem Grunde nach Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Täuschung aus §§ 826, 31 BGB habe. Die Klägerin müsse sich aber eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Abweichend von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte müsse sie sich Nutzungsvorteile allerdings nur für die Dauer der vorbehaltlosen Nutzung des Fahrzeugs anrechnen lassen, das heiße nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie VW zur "Rückabwicklung" des Kaufvertrags aufgefordert habe. Da VW sich dem berechtigten Anliegen der Klägerin auf Rückabwicklung verweigert habe, würde VW anderenfalls unbillig entlastet. Bei langer Prozessdauer, auf die VW Einfluss habe, könnte der Nutzungsvorteil den Kaufpreis vollständig aufzehren, was im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung offensichtlich unbillig wäre.

Anwälte sehen Auswirkungen auf weitere Verfahren

"Der Hinweisbeschluss des OLG Hamburg hat erhebliche Bedeutung für weitere Verfahren wegen Herstellerhaftung im Abgasskandal", sagte der Hamburger Fachanwalt Peter Hahn von HAHN Rechtsanwälte. Es dürfe sich in der deutschen Rechtsordnung nicht für einen Schädiger bezahlt machen, einen Rechtsstreit möglichst lange heraus zu zögern.

OLG Hamburg, Beschluss vom 13.01.2020 - 15 U 190/19

Redaktion beck-aktuell, 21. Januar 2020.

Mehr zum Thema